Alle 292 Jahre ein Großbeben in Chile

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Verheerende Erdbeben wiederholen sich regelmäßig. Untersuchungen in einer Region lassen eine Vorhersage für eben dieses Gebiet zu.

Bis auf das Jahr genau berechnet der Geowissenschaftler Jasper Moernaut die Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben in Chile. Ein enormes Erdbeben, wie es sich 1960 in der Stärke 9 in Valdivia (etwas südlich der Mitte des langgestreckten Landes) ereignet hat, ist alle 292 Jahre plus/minus 93 Jahre zu erwarten, in jenen Gebieten Chiles, in denen etwas kleinere Erdbeben der Stärke 8 auftraten, alle 139 Jahre plus/minus 69 Jahre. Die Jahreszahlen ergeben sich aus der genauen Datierung der bisher aufgezeichneten bzw. eruierten Beben in dieser Region, ausgewertet mit einer statistischen Methode.

Moernaut kommt aus Belgien, er war zwei Jahre an der ETH-Zürich und anschließend an der Universität in Valdivia in Chile, also in jenem Gebiet, in dem sich am 22. Mai 1960 das sogenannte Große Chile-Erdbeben (mit einem verheerenden Tsunami auch in Japan) ereignete. Seit zwei Jahren arbeitet er als Assistenzprofessor an der Uni Innsbruck.

Jasper Moernaut geht von Analysen aus den Sedimenten zweier chilenischer Seen aus. Jedes Beben löst Erdrutsche aus, die in den Sedimentschichten dieser Seen erhalten bleiben. Anhand der Sedimentschichten kann man die Erdbebengeschichte der vergangenen 5000 Jahre verfolgen. In diesem Zeitabschnitt gab es 35 Beben mit einer Stärke von mehr als 7,7. Dabei konnte man Muster vergleichen und ein Gesamtkonzept erstellen.

Forscher aus vier Universitäten

Mit Wissenschaftlern aus seinen bisherigen Unistationen – den Universitäten in Gent, Zürich, Innsbruck und Valdivia – konnte Moernaut ein Forscherteam aufbauen. Als Erstautor eines kürzlich erschienen Beitrags im Fachmagazin „Earth and Planetary Science Letters“ geht der Innsbrucker Geowissenschaftler auf den neuen Ansatz ein, der das Problem des Wiederauftretens großer Erdbeben zum Inhalt hat. Auch in anderen Regionen könne man nämlich die Wahrscheinlichkeit, wann künftige Beben auftreten werden, berechnen.

Neben Chile zählen Alaska und Fernost zu den am stärksten von Beben heimgesuchten Teilen des Erdballs. Derzeit forschen Doktoranden der Unis Innsbruck und Gent in diesen Regionen. Ähnliche Studien wie in Chile werden nun in Seen in Alaska (das bisher letzte Großbeben ereignete sich 1964), Japan und auch Sumatra durchgeführt. Die dort festgestellten Daten sollen mit jenen in Chile verglichen werden.

Aber auch in Österreich laufen Untersuchungen an. Gemeinsam mit Michael Strasser vom Geologieinstitut der Uni Innsbruck unterzieht Moernaut Seen in Tirol und Kärnten einer Überprüfung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2018)

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