Warum Trump-Wählern mehr vor Körpergerüchen graust

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Politische Psychologie. Die Neigung zum Ekel beeinflusst die politische Grundhaltung: Wem leichter ekelt, der fühle auch stärkere Aversionen gegen Fremde, meinen schwedische Psychologen. Liegen diese Unterschiede im Abscheu womöglich gar in den Genen?

Oft fallen in politischen Debatten Wörter wie „degoutant“, „unappetitlich“, „widerlich“. Wörter, die eigentlich Ekel beschreiben, werden dafür verwendet, moralische Entrüstung auszudrücken – ähnlich wie wir von schmutzigen Geschäften sprechen, wenn wir Korruption meinen. Man kennt den Pilatus-Effekt: Wer sich die Hände wäscht, fühlt sich auch moralisch eher sauber. Diese Metaphorik sitzt tief in uns. Ekel ist ein starkes, sehr körperliches Gefühl: Wer ihn spürt, zieht die Mundwinkel hoch und rümpft die Nase. Das sieht aus, als ob er Brechreiz spürte.

Das ist auch der biologische Sinn des Ekels: Er warnt uns vor Substanzen, die uns schaden können – vor allem, weil sie schädliche Mikroorganismen enthalten. So graust fast allen Menschen vor körperlichen Ausscheidungen. Doch schon 2010 entdeckten US-Psychologen einen Zusammenhang: Auf Fragen nach dem Ekelgefühl – etwa: Wie stark graust Ihnen davor, aus der Getränkedose eines Fremden zu trinken? – zeigen Konservative stärkeren Abscheu als Liberale (im amerikanischen Sinn, in Europa würde man wohl eher von Linken sprechen.)

Auch der Ekel vor Körpergerüchen ist bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark. Besteht auch hier ein Zusammenhang mit der politischen Grundhaltung? Das untersuchten Psychologen um Jonas Olofsson (Universität Stockholm), die aber in ihrer Publikation (R. Soc. open sci. 5: 171091) darauf bestehen, dass sie nicht von Konservativismus sprechen, sondern von „right-wing authoritarianism“ (RWA). US-Präsident Donald Trump verkörpere diese Haltung, meinen sie. Schließlich seien von ihm Sprüche überliefert, die nahelegen, dass ihm selbst etwa vor Frauen und Immigranten ekelt.

Tatsächlich fanden die Forscher bei einem Sample von circa 200 via Internet rekrutierten Testpersonen einen – wiewohl nicht sehr starken – Zusammenhang zwischen Ekel vor Körpergerüchen und RWA, in einer weiteren Studie auch eine Korrelation zwischen Ekel und Sympathie für Trump. Sie erklären das so: Wer fremde Körpergerüche als besonders unangenehm wahrnimmt, fühle sich eher in einer Gesellschaft wohl, die Fremde ausschließt, bejahe auch restriktive Maßnahmen in diesem Sinn.

Riechst du links oder rechts?

Was beeinflusst aber die Neigung zum Ekel? Ist sie angeboren oder erlernt? Liegt gar die Basis für die politische Haltung in den Genen? Dafür sprach eine – allerdings stark kritisierte – 2014 im American Journal of Political Science erschienene Arbeit, die (mittels Wattebäuschchen unter den Armen) ergeben haben soll, dass Liberale und Konservative einander im Wortsinn nicht riechen können.

In einer „Genome-Wide Analysis of Liberal and Conservative Political Attitudes“ (The Journal of Politics, 73, S. 271) fanden US-Forscher 2015 nur schwache Hinweise. Auch sie spekulieren damit, dass die politische Haltung von der Neigung zu Ekel beeinflusst wird, die wiederum in „neuralen Strukturen, die mit Geruchs- oder Geschmackssinn zu tun haben“, begründet sein könnte. Auffällig sei, dass in Genomregionen, in denen sich Konservative und Liberale besonders stark unterscheiden, just Gene für Rezeptoren für die Neurotransmitter Glutamat und NMDA liegen. Keine sehr exakte Analyse.

Er vertraue darauf, dass politische Haltungen nicht „in Stein gemeißelt“ seien, erklärt dagegen Oloffson: Mehr Kontakt mit anderen Gruppen könne autoritäre Charaktere ändern, meint er. Dafür gibt es freilich kaum experimentelle Belege. Für den Einfluss der Umwelt bei solchen Versuchen schon: Testpersonen neigen eher zu konservativen Haltungen, wenn sie schlechten Gerüchen oder Bildern von Krankheiten ausgesetzt sind. Und die Anwesenheit eines Apparats zur Desinfektion von Händen reicht, um Skepsis vor Fremden zu verstärken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2018)

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