Wer rascher lernen will, muss rascher laufen

Franz-Peter Tschauner / dpa / pi
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Bewegung bringt – zumindest bei Mäusen – auch das Hirn in Schwung.

Bewegung tut dem Körper wohl, ganz generell und im Besonderen dem Herzen und dem Hirn. Letzteres hat sich in Psychologenlabors schon oft gezeigt – Lernen, Gedächtnis und Kreativität werden gefördert –, aber viele Menschen wissen es auch von selbst: Beim Durchdenken von Problemen hält es sie nicht auf dem Sessel. Wie das im Labor von Megan Carey war, hat die Hirnforscherin am Champalimaud Center for the Unknown in Lissabon nicht überliefert. Aber ein Problem hatte sie: Sie wollte an Mäusen etwas über das Kleinhirn lernen, das ist die Hirnregion, die für Bewegungen zuständig ist bzw. für deren Ingangkommen durch Reaktionen auf Umweltreize.

Dazu setzte sie Mäuse, die auf einem Laufband liefen – entweder nach eigener Laune oder vom Band gezwungen –, dem „eyeblink conditioning“ aus, das ist eine Variante der Pawlow'schen Konditionierung, in ihr lernen die Mäuse, die Augen zu schließen, wenn ein Licht aufleuchtet. Sie lernen es deshalb, weil kurz nach dem Licht ein unangenehmer Luftstrahl auf die Augen trifft. Aber die Tests zeigten keine klaren Befunde, die Daten waren von Maus zu Maus ganz unterschiedlich, sie waren es selbst bei den gleichen Mäusen zu verschiedenen Zeiten.

An den Augen liegt es nicht

Irgendwann merkten die Forscher, dass das Lernen an der Geschwindigkeit des Laufens hing, sie gaben ihr ursprünglich Ziel auf und wandten sich der Frage zu, wie und wo im Gehirn die Bewegung das Lernen fördert. Liegt es daran, dass bei höherer Geschwindigkeit die Augen wacher sein müssen? Das wurde getestet, indem statt des optischen Reizes ein akustischer erfolgte, oder ein taktiler, der die Schnurrhaare reizte: Alle wirkten gleich, der Mechanismus muss nach der Verarbeitung verschiedenster Sinneseindrücke im Gehirn kommen. Sie wird im zerebralen Kortex geleistet, dort hat man die bisherigen Effekte von Bewegung auf Lernen gefunden. Der nun entdeckte findet hingegen im Kleinhirn statt, von besonderen Zellen, Moosfasern, das zeigte sich, als die Forscher verschiedenste Zellpopulationen optogenetisch aktivierten.

Diese Aktivierung wirkte auch dann, wenn die Mäuse nicht in Bewegung waren. Aber Bewegung reicht schon auch, je raschere, desto besser, und zur Ruhe kommen durften die Mäuse nicht, dann verlernten sie wieder (Nature Neuroscience, 16. 4.) „Wir tendieren zu dem Glauben, die Plastizität des Gehirns könne nur durch Medikamente gesteigert werden“, schließt Carey, „aber bei den Mäusen mussten wir nur die Geschwindigkeit steigern. Es wäre interessant nachzusehen, ob das auch bei Menschen so ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2018)

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