Plastik beeinflusst Bakterien im Meer

Probenentnahme in der Adria.
Probenentnahme in der Adria.(c) Maria Pinto
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Mikroben nehmen gelöste organische Verbindungen wie Weichmacher auf. Wiener Forscher zeigen, dass das den Kohlenstoffkreislauf in den Ozeanen verändert.

Rund zehn Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr im Meer. Messungen von Forschern des Departments für Limnologie und Bio-Ozeanographie der Uni Wien ergaben nun, dass die meist mit Weichmachern versetzten Kunststoffe jährlich etwa 23.600 Tonnen an gelösten organischen Verbindungen abgeben. Das bleibt nicht ohne Folgen für die in dieser Hinsicht bisher kaum erforschten marinen Bakteriengemeinschaften, die sich auf dem Kunststoff ansiedeln. Sie nahmen in Experimenten innerhalb von fünf Tagen rund 60 Prozent der gelösten Verbindungen auf. Das regte ihre Aktivität an, berichten die Forscher nun in einer im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlichten Studie.

Die Sonne bremst

Das österreichisch-spanische Forscherteam ist der Frage nachgegangen, welchen Einfluss die Sonneneinstrahlung auf das Plastik und die darin enthaltenen Stoffe hat und wie die Freisetzung der aus dem Kunststoff gelösten organischen Verbindungen auf die Aktivität der Mikroorganismen wirkt. Das Sonnenlicht scheint dabei zu bremsen: „Die UV-Strahlung führt offenbar zu strukturellen Veränderungen der sich aus dem Plastik lösenden organischen Verbindungen, sodass Bakterien diese weniger effizient aufnehmen können“, erklärt der Meeresbiologe Gerhard Herndl.

Doch die Forscher relativieren: Durch die zunehmende Verschmutzung der Meere mit Plastik würden sich Zusammensetzung und Aktivität der marinen Nahrungsnetze weiter verändern. Angesichts der Prognosen, wonach sich die Verschmutzung der Meere durch Kunststoff in den kommenden zehn Jahren verzehnfachen wird, sei mit einer drastischen Zunahme von organischem Material zu rechnen, das sich aus dem Plastik löst und damit die Aktivität der Bakterien anregt. „Das führt dazu, dass sich der natürliche Kohlenstoffkreislauf im Meer verändert, nicht nur jener an der Basis des marinen Nahrungsnetzes“, sagt Herndl.

Die weltweite Plastikproduktion stieg von 140 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 300 Millionen Tonnen im Jahr 2017. Schätzungen zufolge schwimmen an der Wasseroberfläche der Ozeane rund 250.000 Tonnen Plastik. Dass es die Nahrungsketten in den Meeren beeinflusst, wurde bereits mehrfach gezeigt, Kunststoffteile bereits in Walen und Großfischen gefunden. Kleinere Plastikteilchen werden mit pflanzlichem Plankton verwechselt – und von tierischem Plankton gefressen. (APA/gral)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2018)

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