Viele Schritte zur Seite statt ein Sprung nach oben

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Bei den Investitionen in die Forschung liegt Österreich an der europäischen Spitze, im Innovationsranking gelingt seit Jahren nur eine Seitwärtsbewegung. Was läuft schief? Der Forschungsrat identifiziert „Effizienzbarrieren“.

Nur Schweden gibt mehr für Forschung und Entwicklung (F&E) aus als Österreich. Zuletzt lag man hierzulande mit Investitionen in der Höhe von 3,15 Prozent des BIP im EU-Vergleich auf Rang zwei hinter dem skandinavischen Staat, der 3,3 Prozent auslegt. Auch wenn die F&E-Quote in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen ist, hat man den Sprung an die Spitze internationaler Innovationsrankings aber nicht geschafft. Im European Innovation Scoreboard liegt Österreich – nach zwischenzeitlicher Verschlechterung – an der Spitze der Verfolgergruppe, der Sprung zum „Innovation Leader“ ist trotz dem von der Regierung seit 2011 wiederholt formulierten Ziel nicht gelungen. Und auch in 74 alternativ vom Forschungsrat (RFT) herangezogenen Indikatoren zeigt sich ein ähnliches Bild.

Der RFT hat in seinem aktuellen Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs Ursachenforschung betrieben. Zwar dürfe man nicht meinen, es ginge auch ohne Geld, verweist dessen Vorsitzender Hannes Androsch etwa auf die „noch immer unterfinanzierten Universitäten“, aber Geld allein sei eben offenbar auch nicht die Lösung. Wo also ansetzen?

Land der Hürden

Der RFT sieht „Effizienzbarrieren“ im Bildungs-, Hochschul-, Gründungs- und Förderbereich. Im Bildungsbereich kritisiert werden die hohe soziale Selektivität, das Problem der Bildungsvererbung sowie der mangelnde Ausbau des Ganztagsunterrichts. Die „Input-Outputstruktur im Bildungssystem weise ein deutliches Verbesserungspotenzial“ auf. Dieses könne durch strukturelle Reformen ausgeschöpft werden.

Bei den Hochschulen kritisiert der Rat etwa die ungesteuerten Studierendenströme als ein Hindernis, das der Steigerung der Leistungsfähigkeit im Wege steht. Ein besseres Betreuungsverhältnis wird als wichtig erachtet. Weiters sollen die Mittel für die Grundlagenforschung vermehrt im Wettbewerb vergeben werden. Zudem wünscht sich der RFT ein mit 300 Millionen Euro dotiertes Exzellenzprogramm. Die Forschungsförderung weise derzeit „Tendenzen einer Überregulierung, Zersplitterung, unklarer Zuständigkeiten“ auf – und das erzeuge hohe Reibungsverluste. Der Anteil der privaten F&E-Finanzierung sei überdies nach wie vor zu gering, die öffentliche Hand müsse daher laufend kompensieren.

„Ungünstige bürokratische, regulative und steuerliche Rahmenbedingungen sowie die unzureichende Verfügbarkeit privater Finanzierung durch Risikokapital oder Crowdfunding“ blockierten weiters innovative Unternehmensgründungen, heißt es im Bericht. Diese seien „gezielt zu beseitigen“, der Mitteleinsatz im F&E-System zu prüfen und zu korrigieren.

Das Rad laufe derzeit nicht rund, sagt dazu RFT-Geschäftsführer Ludovit Garzik. Die Seite des Systems, wo Wissen aufgebaut wird, sei gut ausgebildet; die, wo es verwendet werde, um Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen, holpere. Oder anders: „Wir sitzen in einem Auto, geben Vollgas und kommen nicht voran.“ Und Androsch sieht noch eine weitere Barriere: „Wir sind kulturell hinterwäldlerisch.“ Es mangle in weiten Kreisen am Verständnis für Wissenschaft und Forschung. Immerhin sei erstaunlich, was man trotzdem zusammenbringe. Dennoch sei man in vielen Bereichen zu langsam: „Heute schlägt nicht der Große den Kleinen, sondern der Schnelle den Langsamen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2018)

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