Mensch-Computer-Interaktion: Fahren wird mit Autopiloten nicht einfacher

(c) REUTERS (Fabian Bimmer)
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Salzburger Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Frage, ob und wie bei selbstfahrenden Autos der Lenker in schwierigen Situationen noch eingreifen kann. Das zu trainieren, dürfte sinnvoll sein.

Es ist die Ironie der Technik: Bei schönem Wetter, geraden Straßen und normalem Verkehrsaufkommen kann der Autopilot längst ein Fahrzeug sicher und zuverlässig steuern. Doch wenn es plötzlich Glatteis gibt, kurvige Bergstraßen kommen und es unübersichtlich wird, sollte dann doch der Mensch zurück ans Steuer. Doch für genau diese schwierigen Situationen ist ein weniger geübter Lenker auch nicht mehr optimal vorbereitet.

Mit diesen heiklen Momenten der Übergabe zwischen Mensch und Technik befassen sich Wissenschaftler des Zentrums für Mensch-Computer-Interaktion der Universität Salzburg. „Wir Menschen können uns sehr leicht auf verschiedene Situationen einstellen, aber ein Computersystem, das alle Eventualitäten abdeckt, ist sehr schwer zu realisieren“, sagt Alexander Meschtscherjakov, Computerwissenschaftler an der Universität Salzburg. Er ist überzeugt, dass es – auch wenn sich die Technik der autonom fahrenden Autos in den nächsten Jahren stark weiterentwickelt – noch lange Situationen geben wird, in denen der Mensch trotzdem ans Steuer muss.

Doch wie kann jemand, der während der Fahrt gerade ein Buch liest oder einen Film ansieht, binnen Sekunden die Situation auf der Straße erfassen und richtig reagieren? „Eine Möglichkeit ist, diese Übergabesituationen regelmäßig zu trainieren – ähnlich wie ein Pilot, der immer wieder Tests absolvieren und manuelle Flugstunden nachweisen muss“, erläutert Meschtscherjakov. Auf das autonome Fahren umgelegt hieße das, dass Menschen auch in einem semi-autonom fahrenden Auto eine bestimmte Zeit selbst fahren müssten, um in Übung zu bleiben. „Wie man das organisieren sollte, ist eine heikle Frage“, sagt der Wissenschaftler.

Regelmäßiges Training

Meschtscherjakov und seine Kollegen haben sich außerdem die Frage gestellt, wie Menschen, die wenig Fahrpraxis haben, ihr Können selbst einschätzen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Befragten sich bei der Kenntnis und Einhaltung der Verkehrsregeln durchaus viel zutrauen. Doch wenn es um die Reaktionsfähigkeit und das richtige Handeln in Gefahrensituationen geht, da hatten die Probanden schon viel weniger Zutrauen zu sich selbst.

„Leute, die länger nicht gefahren sind, glauben, dass die dazu nötigen sensomotorischen Fähigkeiten eher abnehmen“, erläutert der Computerwissenschaftler: „Um valide Ergebnisse zu bekommen, brauchte es dazu aber eine Langzeitstudie mit Menschen, die tatsächlich lange nicht gefahren sind und dann wieder anfangen.“ Doch so eine Langzeituntersuchung hätte den Rahmen des Projektes gesprengt.

Als Ersatz haben die Wissenschaftler der Uni Salzburg bei Fahrsimulationen am Computer sich das tatsächliche Verhalten der Menschen bei Übergabesituationen angesehen. „Wenn der Autopilot ankündigt, dass der Mensch in zehn Sekunden das Steuer übernehmen muss, verursacht das vor allem Stress“, weiß der Computerwissenschaftler. Die Crux ist, dass es gerade in schwierigen Situationen dann geübte und gute Autofahrer braucht.

Einen Schlüssel dazu sieht Meschtscherjakov in der Ausbildung. Derzeit hätte der Umgang mit Assistenzsystemen in der Fahrschule noch keinen hohen Stellenwert. Das sollte sich ändern. Außerdem seien auch Spiele, mit denen Lenker das Fahren ohne Autopilot regelmäßig trainieren, eine Möglichkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2018)

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