Ein Zombie-Gen schützt Elefanten vor Krebs

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++ HANDOUT ++ WIEN: SCH�NBRUNNER CHRISTBAUM AN ELEFANTEN VERF�TTERT(c) APA/NORBERT POTENSKY (NORBERT POTENSKY)
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Die Reaktivierung eines eigentlich schon „toten“ Gens ermöglichte das Riesenwachstum der Rüsseltiere.

An die 17 Prozent der Menschen weltweit sterben an Krebs, doch weniger als fünf Prozent der Elefanten – zumindest jener, die in Zoos gehalten werden, von denen man also Lebensdauer und Todesursache kennt. Das ist umso erstaunlicher, als Elefanten aus viel mehr Zellen bestehen. Je mehr Zellen ein Tier hat, umso größer ist ja die Chance, dass eine davon außer Kontrolle gerät. Tatsächlich erkranken auch größere Menschen etwas häufiger an Krebs als kleinere.

Dass Elefanten und andere große Tiere paradoxerweise so lang leben, liegt offenbar daran, dass sie besonders gute Mechanismen zur Krebsabwehr entwickelt haben. Seit einiger Zeit weiß man, dass Elefanten in ihrem Genom 20 Kopien von p53 haben, das ist ein Gen, das man schon „Wächter des Genoms“ genannt hat, weil es eine zentrale Rolle in der Regulation der Krebsabwehr spielt. Nun entdeckten Forscher um Vincent Lynch (University of Chicago), dass es bei Elefanten eine zusätzliche Funktion hat: Es aktiviert ein Gen, das bei den meisten anderen Säugetieren nicht mehr funktioniert, weil es durch eine Mutation zum Pseudogen geworden ist. Es gehört zu einer Familie namens LIF („leukemia inhibitory factor“), von der die meisten Säugetiere nur ein Exemplar im Genom haben. Nur die Gruppe der Paenungulata – dazu zählen Schliefer, Seekühe und Elefanten – hat mehr davon, der afrikanische Elefant etwa zehn Stück.

LIF6 löst den Zelltod aus

Eines davon, nämlich LIF6, wurde offenbar im Lauf der Elefantenevolution wieder zum Leben erweckt, die Forscher nennen es ein „Zombie-Gen“ (Cell, 14. 8.). Es wird – nachdem es bei Krebsalarm von p53 eingeschaltet worden ist – in den Mitochondrien aktiv, wo es den programmierten Tod (Apoptose) der gefährlichen Zelle auslöst.

Dass diese Erweckung aus dem Gen-Friedhof sich durchsetzte, lag genau an dem großen Vorteil, den es den mit ihr gesegneten Tieren brachte: Sie waren deutlich besser vor Krebs geschützt als ihre Artgenossen mit inaktivem LIF6. Das, meinen die Forscher, habe es überhaupt erst ermöglicht, dass die Elefanten so riesig wurden. Ihre Vorfahren vor 30 Millionen Jahren waren ja noch kaum größer als Murmeltiere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2018)

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