Tintenfische wechseln ihre Farbe - nicht nur zur Tarnung

Symbolbild: ein Blauring-Oktopus
Symbolbild: ein Blauring-Oktopus(c) Getty Images (Ian Waldie)
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Forscher fanden heraus: Das Gehirn der Kopffüßer steuert die Kontraktionen kleiner Muskel, die Pigmentzellen an der Hautoberfläche weiten oder zusammenziehen. Zwischen 30 und 40 Muster bilden die Tintenfische.

Tintenfische wechseln wie auch Chamäleons die Farbe, um sich zu tarnen. Doch das Farbspiel der Meerestiere ist wesentlich vielfältiger. Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in Frankfurt haben nun die Musterentstehung und -kontrolle bei Tintenfischen untersucht. Denn im Fall der Kopffüßer steuert das - bei diesen Tieren ausgesprochen große - Gehirn die Kontraktionen kleiner Muskel, die Pigmentzellen an der Hautoberfläche weiten oder zusammenziehen. Je nach dem Zustand dieser Chromatophoren verändern sich Farbe und Muster auf der Haut.

"Im Ruhezustand sind die Pigmentzellen zusammengezogen und man sieht nur die weiße Haut darunter", sagte Sam Reiter, einer der Autoren der im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Studie. "Je nachdem, welche Pigmentzellen offen sind, sind unterschiedliche Farben oder Oberflächen auf der Haut zu sehen."

Kommunikation oder Annäherung

Der Farbwechsel beim Tintenfisch werde vom Hirn aus über Nerven gesteuert und sei wesentlich schneller als beim Chamäleon, bei dem Hormone eine Hauptrolle spielten. Einige Tintenfische nutzen den Farbwechsel zur Kommunikation oder um sich ihrer Beute zu nähern. Bei manchen Tieren geschieht er sogar schon im Ei, was für Forscher ein Hinweis auf seine genetische Grundlage sei.

Die Frankfurter Forscher haben nun analytische Methoden entwickelt, um die Farbwechsel besser zu erfassen. Damit können sie Hirnaktivitäten etwa an den Hautfarben erkennen. Einem Tintenfisch kann man also beim "Denken" regelrecht zusehen - oder jedenfalls beobachten, ob Hirnaktivitäten für Farbveränderungen sorgen.

Ist der Fisch weiß, lautet der Umkehrschluss: Da tut sich gerade nichts. Das sei aber eher selten der Fall, versichert Reiter. Das mache den Tintenfisch als Forschungsobjekt auch so interessant: "Bei den meisten Tieren zeigt sich die Hirnleistung nicht auf der Haut."

30 bis 40 Muster

Zwischen 30 und 40 Muster bilden die Tintenfische. "Sie müssen wissen, welches Muster sie brauchen, um sich an ihre jeweilige Umgebung anzupassen", sagte Reiter. Von ihren Untersuchungen erhoffen sich die Forscher auch Erkenntnisse über die visuelle Wahrnehmung bei Tintenfischen.

Es seien aber auch Farbveränderungen etwa an schlafenden Tieren zu beobachten. "Dies ist eine einzigartige Möglichkeit, Hirnaktivität zu beobachten", sagte der Max-Planck-Wissenschaftler. "Vielleicht sehen wir die "Träume" der Fische auf der Haut reflektiert. Aber noch wissen wir das nicht." Die Forscher wollen größere Tintenfischepopulation über längere Zeiträume beobachten, um weitere Daten zu sammeln.

Die Max-Planck-Wissenschafter erhoffen sich von der Arbeit an den Tintenfischen letztlich auch ein besseres Verständnis über die Hirnprozesse bei der Wahrnehmung beim Menschen. "Unser letzter gemeinsamer Vorfahre war ein kleiner Meereswurm, der vor etwa 600 Millionen Jahre lebte", sagte Reiter. "Diese Tiere sind für uns praktisch Aliens." Durch den Vergleich mit einem evolutionär so weit entfernten Lebewesen soll festgestellt werden, was für die Wahrnehmung grundlegend gemeinsam und was artenspezifisch sein.

(APA/dpa)

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