Neon wirft ein Licht auf die Geburt der Erde

Die Isotopen des Edelgases im Erdmantel deuten auf frühe und rasche Entstehung aus solarem Urnebel.

Wie ist die Erde entstanden? Das liegt weithin im Dunkeln bzw. ist umstritten, drei Hypothesen konkurrieren: Die erste sieht eine sehr frühe und rasche Geburt, in der der Planet sich vor über 4,5 Milliarden Jahren in zwei bis fünf Millionen Jahren aus Urnebel aufbaute, der als Scheibe um die Sonne rotierte („rapid early formation“). Für die zweite kam alles später, und das Material war zuvor der Strahlung durch die Sonne ausgesetzt („irradiated particles“). Die dritte sieht einen noch langsameren Aufbau, zu dem chondritische Meteoriten beitrugen, die etwa Wasser, Kohlenstoff und Stickstoff brachten („late accretion“).

Wie soll man es entscheiden? Vom ursprünglichen Wasser, Kohlenstoff und Stickstoff ist längst nichts mehr da, aber anderes ist noch da, das aushelfen kann, Neon etwa, ein Edelgas, das durch chemische und biologische Prozesse nicht verändert wird. Es kommt in drei Isotopen, 20Ne, 21Ne, 22Ne. Alle drei sind stabil und zerfallen nicht, aber 21Ne ist selbst das Produkt eines Zerfalls, dem von Uran: Deshalb kann das Verhältnis der drei klären, wie rasch die Erde sich aufgebaut hat. Man braucht dazu nur möglichst altes Gestein aus dem Erdmantel, Curtis Williams und Sujoy Mukhopadhyay, Geologen der UC Davis, nahmen Kissenlava, das ist Magma, das nach dem Austritt am Meeresboden erstarrte, die University of Rhodes Island hat vor Jahren einiges in einer Bohrung aus der Tiefsee geholt und stellte es zu Verfügung.

Alles kam früh und ging rasch

Nun konnten die Forscher die Isotopengehalte durchmessen und mit denen vergleichen, die zu den drei Szenarien passen: Die für „late accretion“ sind von Meteoriten her bekannt, die für „irradiated particles“ von Analysen des Mondbodens, die für „rapid early formation“ von Teilchen des Sonnenwinds, die die Genesis-Mission gesammelt hat.

Alles spricht dafür, dass die Entstehung früh und rasch ging (Nature 5. 12.):„Im tiefen Mantel der Erde ist Neon aus dem solaren Nebel“, schließt Williams. „Das Neon erinnert sich daran, wo es vor über 4,5 Milliarden Jahren her kam,“ ergänzt Mukhopadhyay. Der Befund der beiden bestätigt einen kürzlich von Jun Wu (University of Arizona) publizierten, der auf ganz anderen Wegen zeigte, dass viel von dem Wasser, das tief in der Erde ist, aus dem solaren Nebel stammt, auch das war bisher offen bzw. umstritten (Journal of Geophysical Research 11. 8.).

Ob es Wasser auch in anderen, extrasolaren Planeten gibt, weiß niemand. Aber dass sie alle sich im Grundsatz so gebildet haben, wie die Erde es tat, darauf deuten laut Mukhopadhyay Beobachtungen des Alma-Observatoriums in der Atacama-Wüste, das fernen Planetensystemen bei der Entstehung zusehen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2018)

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