Drohnen lernen das automatische Ausweichen

Drohnen sollen in Zukunft verschiedene Systeme kombinieren.
Drohnen sollen in Zukunft verschiedene Systeme kombinieren.APA/AFP/MICHAEL TEWELDE
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Unbemannte Luftfahrzeuge sollen sich in Zukunft nicht auf einzelne Systeme verlassen, sondern etwa Video, Radar und Infrarot kombinieren, um Hindernisse rechtzeitig zu erkennen. Gerade für das Fliegen ohne Sichtverbindung ist das entscheidend.

Jedes große Flugzeug, das heutzutage durch die Lüfte zieht, kommuniziert ständig mit allen Flugzeugen in seiner Umgebung, damit gefährliche Situationen vermieden werden: Wer bin ich, wo bin ich, wo will ich hin? Diese Daten über die Identifikation, Flughöhe, Geschwindigkeit und Richtung werden mittels sogenannter Transpondersysteme in regelmäßigen Abständen ausgesendet und von sich nähernden Fluggeräten empfangen.

„Darüber hinaus gibt es in der bemannten Luftfahrt immer den Piloten, der in letzter Instanz direkt eingreifen kann und für die Sicherheit der Passagiere sorgt“, sagt Christoph Sulzbachner vom Center for Vision, Automation & Control des Austrian Institute of Technology (AIT). In der unbemannten Luftfahrt gibt es aber noch kein kommerzielles System, das so umfassend funktioniert wie die Transpondersysteme der herkömmlichen Luftfahrt.

Schnelle Daten ohne Sicht

Weltweit arbeiten Forscher und Entwickler an praktikablen Methoden, wie man so viele Sensoren wie möglich auf kleinstem Platz integrieren kann. „Bei unbemannten Luftfahrtzeugen geht es auch immer um möglichst geringen Stromverbrauch, die Reduktion der Baugröße und des Gewichts“, sagt Sulzbachner.

Die Komponenten der neu entwickelten Technologie müssen also viel kleiner sein und weniger wiegen als die Transpondersysteme von Großflugzeugen. Vor allem wenn das unbemannte Flugobjekt, das umgangssprachlich als Drohne in aller Munde ist, nicht mehr als fünf bis zehn Kilogramm schwer sein soll. Kollisionsvermeidung ist eine Kerntechnologie, wenn in Zukunft unbemannte Luftfahrzeuge in den Luftraum integriert werden sollen“, betont Sulzbachner, dessen Forschung im Rahmen des Take-off-Luftfahrtforschungsprogramms vom Technologieministerium gefördert wird.

Besonderes Augenmerk wird auf Technologien gelegt, bei denen der Operator am Boden – also die Person, die quasi eine Fernbedienung in der Hand hat – keine Sicht zu dem Fluggerät hat. Es benötigt einen hohen Grad an Automatisierung, damit die Daten aus der „Drohne“ schnell genug beim Operator ankommen und dieser auf brenzlige Situationen rechtzeitig reagieren kann.

Verzögerung ist Hauptproblem

„Kollisionsvermeidung ohne Sichtverbindung ist immer auf technische Maßnahmen angewiesen, die im Gerät implementiert sind“, so Sulzbachner. Dabei gibt es ein Problem: Das System ist „träge“. Es kommt jeweils zu Verzögerungen zwischen dem Erkennen des Umfelds des Flugobjekts, der Verarbeitung der Daten, dem Senden der Informationen an den Operator und wiederum dem Empfangen seiner Steuerungsbefehle beim Gerät. „Die Datenverarbeitung muss robust sein“, erklärt der Experte. Sein Team setzt derzeit auf die Kombination vieler Sensoren, um das Umfeld des Fluggeräts in Echtzeit zu erfassen. Es reicht nicht nur ein Videokamerasystem an Bord, das dem Operator die Sicht aus dem Fluggerät in hoher Auflösung zeigt.

„Neben der visuellen Sensorik kommen bei uns auch Infrarotwärmebilder und Radarsensorik zum Einsatz.“ Der Vorteil: Radar funktioniert bei Tag und Nacht. Infrarotkameras auch, aber diese sind abhängig vom Wetter. Bei starkem Regen oder Nebel liefern sie etwa nur unzureichend genaue Daten. „All diese Sensoren werden fusioniert, damit man eine robuste Sensorik gestaltet, mit dem Ziel, Hindernisse zu erkennen und potenzielle Konflikte zu vermeiden“, erläutert Sulzbachner.

Probephase mit Pilot

Die Forschungen sind derzeit in der Erprobungsphase, derweil noch mit Pilot an Bord. „In dem bemannten Luftfahrzeug läuft das System parallel mit und ermittelt Ausweichstrategien. Hier ist noch der Pilot Herr über das System, aber die Ergebnisse helfen uns, dies zu evaluieren und zu verbessern.“

International gibt es bisher auch noch kein Handbuch, nach welchem Regelwerk unbemannte Luftfahrzeuge als flugtauglich gelten oder auf welchen Technologien die Systeme basieren sollen. So gehen die Erfahrungen der AIT-Forschung als Feedback weiter an höhere Gremien, die sich damit befassen, wie zukünftige Regularien aussehen sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2019)

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