Gender-Marketing: Männer kaufen Sägen, Frauen wollen mehr wissen

Verkäufer seien meist nur für Verkaufsgespräche mit Männern geschult, beklagt Marketing-Expertin Diana Jaffé. Frauen brauchen mehr Information und manchmal auch ein Selbstgespräch, bevor sie sich entscheiden.

Warum sind Männer von einem Verkaufsgespräch rasch genervt, und warum greifen Frauen lieber zum neuen Rasierer, wenn sie ihn von einer Verkäuferin empfohlen bekommen? Im Gegensatz zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen – wie z. B. der Medizin – habe man im Bereich Kommunikation und Marketing einiges genderspezifisch erforscht, sagt Marketing-Expertin Diana Jaffé, die heute beim Kongress des Dialog Marketing Verbandes zum Thema Gender-Marketing spricht.

Männer entscheiden schneller

„Wir kennen die verschiedenen Arten, wie mit Männern und Frauen kommuniziert werden muss, in der Werbung, im Verkaufsgespräch“, erklärt Jaffé. „Frauen brauchen, wenn es nicht gerade um Kosmetik oder Mode geht, viel mehr Information, bis sie sich sicher fühlen. Sie wollen die beste Wahl treffen, damit sie nachher ein gutes Gefühl haben.“
Männer hätten maximal drei Kriterien, nach denen sie aussuchen. „Sie wollen im Verkaufsgespräch schnell viel Information haben und schnell entscheiden.“ Frauen würden ohne Vertrauen zum Verkäufer gar nichts kaufen. „Sie wollen viel Information, hören sich alles an und müssen dann noch darüber nachdenken. Sie „sprechdenken“, sie sprechen ihre Gedanken durch. Das kann einen Verkäufer wahnsinnig machen.“
Und da hapert's: „Fast alle Verkaufsschulungen sind von Männern für männliche Verkäufer und männliche Kunden gemacht“, beklagt Jaffé. Da sei es noch besser, wenn Frauen, die an Frauen verkaufen sollen, gar nicht geschult sind: „Frauen haben an sich ein sehr gutes Gespür, sie sind empathisch.“ Läden, die mit Frauen ins Geschäft kommen wollen, rät Jaffé, sie mögen eine Sitzecke einrichten. „Wenn der Mann sitzen kann, geht es ihm viel besser.“ Immerhin zeigen alle Studien, dass Shopping-Zeiten der Frauen am kürzesten sind, wenn sie mit ihrem Mann unterwegs sind (noch kürzer als mit Kindern).
Von Bedeutung sei auch, ob ein Produkt als männlich oder weiblich eingestuft wird: „Laut einer US-Studie ist erwiesen, dass Frauen am liebsten weibliche Produkte von Verkäuferinnen kaufen, während Männer lieber männliche Produkte von Männern kaufen.“
„Wir haben eine Umfrage gemacht und 34 Produkte und Begriffe – von Geld bis Kaufhaus – abgefragt. Nur etwa ein Prozent der Befragten sagten, diese Dinge hätten kein Geschlecht. Sonst waren sich Frauen und Männer mit graduellen Unterschieden einig: Das männlichste war die Motorsäge und das weiblichste die Vase.“ Das sei mitunter problematisch: „Über 60 Prozent sagten, Versicherungen seien männlich. Wenige Frauen kommen auf die Idee, sich damit zu befassen, sie sind notorisch unterversichert.“ Deshalb müsste man Versicherungen „weiblicher“ darstellen, „mehr Frauen im Verkauf einsetzen, gut geschulte Männer oder Schwule“, weil diese besser verstehen, wie Frauen denken. „Insofern tut sich eine völlig neue Welt für das Marketing auf.“
DMVÖ-Kongress: 20. 10., ab 9 Uhr, MAK Wien. Keynote: FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher.

Zur Person

Diana Jaffé (* 1969 in Riga) wuchs in Israel und Deutschland auf, studierte BWL und Kommunikation. Sie ist Expertin im Bereich Gendermarketing und geschlechtsspezifische Werbung. 2001 gründete Jaffé die Bluestone AG, deren alleiniger Vorstand sie ist. Bücher: „Der Kunde ist weiblich“, „Werbung für Adam und Eva“.

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