Klemens Weisleitner: Das Leben im Eis beleuchten

Klemens Weisleitner ist einer der ersten Forscher, die „schwarzes Eis“, dunkle Partikel im Schnee, in den Alpen untersuchen.
Klemens Weisleitner ist einer der ersten Forscher, die „schwarzes Eis“, dunkle Partikel im Schnee, in den Alpen untersuchen.(c) Uwe Schwinghammer
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Der Innsbrucker Biologe Klemens Weisleitner pendelt auf der Suche nach Mikroorganismen zwischen Arktis, Antarktis und Tiroler Gletschern.

Schon im Gymnasium in Innsbruck war bei Klemens Weisleitner das Interesse für Biologie geweckt worden. Nach der Matura war sein Weg daher in gewisser Weise vorgezeichnet: „Ich muss Biologie studieren. Darüber habe ich gar nie nachgedacht, das war einfach klar.“

Doch davor hieß es noch, die Pflicht für Vater Staat zu absolvieren: Zivildienst bei den Johannitern. Danach ließ der Innsbrucker noch ein Auslandsjahr in Norwegen folgen, bei dem er sehr viel mit jungen Menschen zu tun hatte. 2009 nahm er schließlich sein Studium auf und konnte sich nach drei Jahren Bachelor nennen. Danach machte sich Weisleitner ans Masterstudium Ökologie und Biodiversität. Nach der Begegnung mit Assistenzprofessorin Birgit Sattler, die in Innsbruck unter anderem an der Forschungsgruppe für alpine Seen und Gletscherökologie beteiligt ist, war für ihn klar: „Das ist meins.“ Und von da an begann sein Studium ausgesprochen abwechslungsreich zu werden. Völlig unverhofft wurde er gefragt, ob er nicht als Helfer einer Forschungsexpedition nach Spitzbergen gehen wolle. Weisleitner erinnert sich: „Ich war mit sehr wenigen Vorkenntnissen dort, auch von den Klimabedingungen hatte ich kaum eine Ahnung. Es war alles neu, aber eine ganz, ganz tolle Erfahrung, was die Feldforschung betraf.“ Eine, die sein weiteres Forscherleben prägte.

Mit eigenem Forschungsplan im Koffer

Insgesamt war er inzwischen viermal in Spitzbergen und dreimal in der Antarktis. Bei späteren Expeditionen hatte er allerdings einen eigenen „Forschungsplan und Forschungsziele im Koffer“. Nach der ersten Antarktisexpedition von Oktober bis Dezember 2013 machte er schließlich seinen Master fertig. Seither ist er Doktorand und beschäftigt sich mit dem großen Thema „Leben in Schnee und Eis“. Allerdings in kleinstem Maßstab von Mikroorganismen.

Die Frage, die sich dabei stelle, sei: „Was lebt dort überhaupt, und wie kann man das detektieren?“ Eine Methode sei, Proben für DNA-Bestimmungen zu nehmen. Dies berge aber die Gefahr in sich, die Proben zu kontaminieren und damit unbrauchbar zu machen. Die Forschergruppe hat daher gemeinsam mit der Innsbrucker Experimentalphysik eine Methode namens L.I.F.E. (laserinduzierte fluoreszierende Emission) entwickelt. Weisleitner: „Wenn man Pigmente mit Laser anregt, dann fluoreszieren sie. Dieses schwache Leuchten können wir messen und sagen: Da ist Leben. Und anhand der Intensität auch, wie viel vom Leben vorhanden ist.“ Birgit Sattler hatte das Prinzip dahinter eher zufällig entdeckt. Weisleitner ist nun einer von denen, die L.I.F.E. weiterentwickeln.

Der nächste Schritt ist, große Flächen, wie etwa Gletscher, damit abzuscannen. Zu wissen, wie viel und welches Leben sich dort befindet, sei wichtig, erklärt Weisleitner: „Man kann sagen, Gletscher sind wie Lungen. Wie viel Kohlendioxid dort aufgenommen wird, ist noch in keinem Klimamodell berücksichtigt. Das ist relevant, aber man hat derzeit die Daten nicht.“ Bei der Weiterentwicklung des L.I.F.E.-Prototypen arbeiten die Innsbrucker Forscher mit Physikern, Technikern und der Fachhochschule Aachen zusammen.

Ein zweites Projekt, an dem der Innsbrucker beteiligt ist, nennt sich Black.Ice. Darin befassen sich die Forscher damit, wie sich während des Sommers die Gletscheroberfläche verändert. Dass dunkle Partikel auf dem Schnee diesen schneller schmelzen lassen, ist schon länger bekannt. Der Effekt nennt sich Albedo. Dass dies allerdings zu etwa 20 Prozent natürlich durch Algen und Bakterien verursacht wird, ist neu. Durch die Schmelze entsteht ein Kreislauf, der sich immer mehr beschleunigt: Wärme lässt aus Schnee Wasser entstehen, dieses führt zu einer vermehrten Produktion von Algen und Bakterien, die wiederum das Eis schneller schmelzen lassen. In Grönland wurden zu diesem biologischen Prozess bereits Forschungen durchgeführt, in den Alpen ist die Innsbrucker Gruppe die erste.

Nach dem PhD-Abschluss in etwa einem Jahr wäre der Verbleib in der Gruppe für Weisleitner eine Option: „Das Thema ist interessant, da kann ich mir schon vorstellen, dass ich noch länger dabeibleibe.“

Zur Person

Klemens Weisleitner wurde 1988 in Rum bei Innsbruck geboren. Nach Matura, Zivildienst und Auslandsjahr in Norwegen begann er 2009 ein Biologiestudium in Innsbruck, das er 2012 mit einem Bachelor abschloss, 2014 folgte der Master in Ökologie und Biodiversität. Derzeit absolviert Weisleitner ein Doktoratsstudium in Biologie. Er war bereits mehrfach in Arktis und Antarktis und ist begeisterter Fotograf und Gleitschirmpilot.

Alle Beiträge unter: diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2018)

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