Robert Winkler: Der Louvre aus dem 3-D-Drucker

Er liebt es, seine Theorien im Experiment zu überprüfen: Physiker und Elektronenmikroskopforscher Robert Winkler.
Er liebt es, seine Theorien im Experiment zu überprüfen: Physiker und Elektronenmikroskopforscher Robert Winkler.(c) Helmut Lunghammer
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Der Physiker Robert Winkler vom Grazer Forschungsverbund FELMI-ZFE funktioniert das Elektronenmikroskop zum 3-D-Drucker für winzige Nanoobjekte um.

„Wenn ich etwas sehe, das ich mir nicht erklären kann, wird's für mich erst richtig interessant“, sagt Robert Winkler. „Ich liebe Rätsel.“ Der 38-Jährige ist Senior Scientist am Zentrum für Elektronenmikroskopie in Graz. „Schon als Kind war ich ungeheuer neugierig darauf, wie Dinge funktionieren“, erinnert er sich. Vielleicht hat darum die Physik gewonnen, zumindest was seine berufliche Karriere betrifft. Mit 13 war der Spross einer musikalischen Hartberger Familie in den Vorbereitungslehrgang für Gitarre der Musikuni Graz aufgenommen worden. Das Gitarrenstudium schloss er später auch ab und hinterher, geschuldet seiner Neigung zu den Naturwissenschaften, das Studium der Technischen Physik an der TU Graz. „Die Kombination aus Musik und Physik ergab sich, weil ich mit der Zeit auf beides nicht mehr verzichten konnte.“ Eine Weile schwankte er noch, doch nach seiner Diplomarbeit am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik wurde ihm klar, dass sein Herz hundertprozentig für die Forschung schlägt.

Elektronenstrahl als Schreibstift

„Ich hatte auch das Glück, genau den richtigen Ort dafür gefunden zu haben“, meint der Steirer. Nämlich das FELMI-ZFE, ein Verbund aus dem Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz (FELMI) und dem Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE), einem Mitgliedsinstitut des Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR). „Während der Diplomarbeit konnte ich frei meine eigenen Ideen ausprobieren“, erzählt Winkler. „Man lernt ja im Studium meist eher, was andere herausgefunden haben. Für mich war es überraschend und motivierend, recht schnell direkt an der Front arbeiten zu können und beim Experimentieren das Gefühl zu haben, etwas ganz Neues zu entdecken.“ So wuchs er in ein Thema hinein, für das er heute Experte ist: die Entwicklung eines 3-D-Druck-Verfahrens für Nanostrukturen am Elektronenmikroskop.

Die Technik nennt sich Focused Electron Beam Induced Deposition. „Damit sich die Leute mehr drunter vorstellen können, sagen wir aber mittlerweile 3-D-Nanoprinting dazu.“ Um unfassbar winzige Objekte von etwa 20 bis 60 Nanometern herzustellen, habe man ein Werkzeug entwickelt, das selbst in dieser Größenordnung exakt funktioniert: beschleunigte Elektronen, ungebremst von Luft in der Vakuumkammer eines Elektronenmikroskops. „Der hauchfeine Elektronenstrahl dient uns als Schreibstift.“ Er wandelt ein spezielles Gas, das an der Oberfläche aufgeblasen wird, in eine feste Abscheidung um. Steuert man den Strahl gezielt, lassen sich komplexe Strukturen aufbauen. „Die kann man auf fast jedes Material aufdrucken.“

Dazu hat Winkler zusammen mit amerikanischen Kollegen eine Software geschrieben und auf diese Weise sogar die Glaspyramide vor dem Pariser Louvre und andere Monumente nachgebaut. „Auf einer Euro-Münze hätten etwa 20 Millionen dieser Miniaturpyramiden Platz.“ Was wie Spielerei klingt, dient dem Erkenntnisgewinn, aber auch dem Bekanntmachen der Methode. „Ich bin sicher, dass das Anwendungspotenzial für viele interessant ist, etwa in der Medizin oder Industrie.“ Gerade arbeitet Winkler in einem am FELMI-ZFE neu eröffneten Christian-Doppler-Labor mit, das die Möglichkeiten zur Fabrikation von 3-D-Nanosonden auslotet.

Für eine Studie zu den Materialeigenschaften der 3-D-Nanostrukturen erhielt er kürzlich den Fritz-Grasenick-Preis für Jungforscher der Österreichischen Gesellschaft für Elektronenmikroskopie (ASEM). „Wir haben gezeigt, dass wir diese Gebilde durch eine Nachbehandlung auch aus reinem Gold drucken können. Zudem konnten wir einen Effekt nachweisen, der nur im Nanobereich auftritt und als sehr genauer Sensor oder Filter verwendet werden kann.“

Die Musik sieht der Physiker nicht als Ausgleich zur Wissenschaft, sondern als wesentlichen Teil seines Lebens. „Meine Freundin behauptet, ich hätte mehr Gitarren, Banjos, Ukulelen und Mandolinen als sie Schuhe“, sagt er mit einem Lächeln. „Glücklicherweise lassen sich die Auftritte mit meinen Bands derzeit noch mit meiner Forschung vereinbaren.“

Zur Person

Robert Winkler (38) ist Senior Scientist am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz und dem Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (FELMI-ZFE). Er hat an der TU Graz Technische Physik studiert und dort im Februar seine Dissertation abgeschlossen. Winkler beschäftigt sich mit der zielgenauen Strukturierung von Oberflächen im Nanometerbereich und hat dazu bereits knapp 20 Publikationen (mit-)veröffentlicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2018)

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