Lichtquelle mit Ohren

„In der freien Forschung gleicht kein einziger Arbeitstag dem anderen“, sagt Photonikexperte Bernhard Schrenk vom AIT.
„In der freien Forschung gleicht kein einziger Arbeitstag dem anderen“, sagt Photonikexperte Bernhard Schrenk vom AIT.(c) Akos Burg
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Für die Erforschung einer neuen Methode zur optischen Signalübertragung erhielt Bernhard Schrenk einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC).

Meist passiert es zwischen fünf und sieben Uhr früh. „Die ersten Sonnenstrahlen bescheren mir die besten Geistesblitze“, erzählt Bernhard Schrenk. Der 36-Jährige leitet den Fachbereich Photonik am Austrian Institute of Technology (AIT), Österreichs größter außeruniversitärer Forschungseinrichtung für Infrastrukturthemen der Zukunft. Dass ihm das frühe Morgenlicht des Öfteren wissenschaftliche Inspiration bringt, ist eine nette Analogie, denn der Schwerpunkt seiner Forschung ist die Nutzung von Licht.

Die mit Lichtimpulsen arbeitende Photonik nennt man nicht umsonst eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts: Ohne sie gäbe es weder das Datenlesegerät an der Supermarktkassa noch das Smartphone noch die Lasermedizin. Doch längst nicht alle Möglichkeiten sind ausgelotet. Schrenk konzentriert sich insbesondere auf Anwendungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Immer auf derselben Wellenlänge

„Setzt man statt Elektronen Lichtteilchen, also Photonen, zur Signalübertragung ein, ist das so, wie wenn man per Flugzeug den Globus umrundet statt mit dem Auto“, veranschaulicht er. „Man ist nicht nur unterbrechungsfrei und schneller, sondern auch energie- und kosteneffizienter unterwegs.“ Allerdings könne man zwischendurch nicht aussteigen und sei weniger flexibel als der Autofahrer. In der Nachrichtentechnik sei es ähnlich: Zwar können Lichtwellen Informationen durch haardünne Glasfasern in Echtzeit und mit wenig Energieaufwand zwischen den Kontinenten hin- und herleiten. Sobald es aber um eine hohe Dichte an Funktionen in kleinstem Maßstab gehe, werde es schwierig. „Am Computer kann man noch nicht einmal einfache Rechenoperationen auf einem optischen Level, sprich mittels Lichttechnologie, ausführen.“ Allerdings kratzen die zahllosen digitalen Rechen- und Speicherprozesse in den großen Datenzentren des Internets bereits an der Zehnprozentmarke des weltweiten Energieverbrauchs. „Die Wissenschaft interessiert sich daher sehr dafür, photonische Alternativen für unsere alltagsüblichen elektronischen Geräte zu finden.“

Ein Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) ermöglicht es Schrenk nun, eine neue Methode zu erforschen, mit der sich unabhängige Lichtsignale selbst bei sehr hohen Trägerfrequenzen präzise aufeinander abstimmen lassen, um stets auf derselben Wellenlänge zu sein. „Was im Funk selbstverständlich ist, ist in der mit viel höherfrequenten Lichtquellen arbeitenden Photonik wesentlich komplexer.“

So möchte er einer Lichtquelle quasi „Ohren verleihen, um einfallende Signale wahrzunehmen und die eigene Emission daran anzupassen“. Im Vorfeld der ERC-Bewerbung erbrachte er einen Machbarkeitsnachweis seines rein optischen Ansatzes, der keinen energieverschlingenden digitalen Signalabgleich benötigt. Diese Arbeit wurde heuer bei der weltgrößten einschlägigen Fachkonferenz, der OFC in San Diego, unter 800 Beiträgen unter die Top drei gereiht.

„Das Labor ist für mich eine große Spielwiese“, berichtet Schrenk. „Nur dass es eben mit Lasern, Spiegeln, Strahlteilern, Photodetektoren und dergleichen bestückt ist.“ Von Jugend an ist er auch privat ein begeisterter Elektronik- und Funkbastler. „Das liegt an meinem begnadeten und mit seinen tollen Experimenten höchst inspirierenden Physik- und Chemielehrer in der Hauptschule“, sagt er. Die Erfahrungen jener Zeit haben letztlich bewirkt, dass er an der TU Wien Elektrotechnik studierte.

Im Zuge seiner Masterarbeit wirkte er 2007 unter der Leitung von Anton Zeilinger an der ersten Netzwerkdemonstration eines auf verschränkten Photonen basierenden Quantenschlüsselverteilsystems mit. Auf das Doktorat in Barcelona folgte ein Postdoc-Jahr in Athen. „Da es dort so gut wie keine staatlichen Mittel für Forschung gibt, war das eine Meisterschmiede für Projektanträge um EU-Förderungen.“ Um als Forscher zu wachsen, brauche es unabhängige Finanzierung. Auch wenn die Industrie mit höheren Gehältern und topausgestatteten Laboren locke: „Das ist vorgegebene Arbeit in kleinen Schritten. Umwälzende Entdeckungen kommen nur aus der freien Forschung.“

ZUR PERSON

Bernhard Schrenk (36) studierte Elektrotechnik an der TU Wien und machte seinen Master in der Gruppe um Anton Zeilinger im Bereich der Quantenkryptografie. Im Doktoratsstudium in Barcelona befasste er sich von 2007 bis 2011 mit der optischen Telekommunikation und meldete vier Patente an. Der Weinviertler war ein Jahr Postdoc in Athen und forscht seit 2013 am Austrian Institute of Technology am Center for Digital Safety & Security.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2018)

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