Denken wie eine Hackerin

Maria Eichlseder forscht an effizienten Verschlüsselungsalgorithmen für den digitalen Datentransfer.
Maria Eichlseder forscht an effizienten Verschlüsselungsalgorithmen für den digitalen Datentransfer.(c) © Helmut Lunghammer (Helmut Lunghammer)
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Datenverschlüsselung ist die Herausforderung der Zukunft, sagt Maria Eichlseder. Ihre Forschung an der TU Graz trägt dazu bei, digitale Kommunikation sicherer zu machen.

Im Gymnasium haben mich zunächst eher Sprachen und Linguistik angesprochen“, erinnert sich Maria Eichlseder. „Aber als ich mit Kryptografie und der dahinterliegenden Mathematik in Kontakt kam, war das Liebe auf den ersten Blick.“ Es passierte bei der Sommerakademie und vertiefte sich bei einem Ferialpraktikum an der Technischen Universität (TU) Graz. Heute ist die 31-Jährige dort Assistenzprofessorin am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie und forscht an kryptografischen Algorithmen. Kurz gesagt: Sie kümmert sich um die Sicherheit unseres digitalisierten Lebens.

Die sei immens wichtig, meint sie. „Wenn wir Menschen unserer Kommunikation nicht mehr vertrauen könnten, ginge das gegen unser innerstes Bedürfnis nach Wahrheit und Verlässlichkeit.“ Für die Studienwahl – Technische Mathematik und Informatik – war allerdings etwas anderes ausschlaggebend: „Kryptografie wird weder theoretisch noch in der Praxis je langweilig.“

Privatsphäre und Echtheit

Der Begriff leitet sich von den altgriechischen Wörtern kryptós, geheim, und gráphein, schreiben, ab und bedeutet ursprünglich Geheimschrift. Weil sich die Wissenschaft von der Informationsverschlüsselung inzwischen in die digitale Welt verlagert hat, steht er heute für einen von außen unantastbaren elektronischen Datentransfer. Fachleute programmieren Algorithmen, die Klardaten vor der Übertragung für Unbefugte unlesbar und unveränderbar machen.

„Das Internet wäre ohne schützende Verfahren undenkbar“, bekräftigt Eichlseder. Dennoch liefere ihr Gebiet – nicht zuletzt aufgrund rasanter Entwicklungen wie des sogenannten Internets der Dinge und künstlicher Intelligenz – noch genügend Knackpunkte, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen zu können: sich den Kopf zu zerbrechen. „Wir konstruieren hier solche Verschlüsselungsalgorithmen. Dabei stellen wir uns unter anderem die Frage, wie man deren Effizienz genau misst.“ Oder welche Konzepte von Sicherheit sich überhaupt mit Algorithmen lösen lassen. Die Sicherheitsanalyse eines kryptografischen Algorithmus sei höchst komplex. „Ein essenzieller Bestandteil ist es etwa, sich in die Perspektive eines möglichen Angreifers hineinzuversetzen.“

Außerdem sei es nicht so einfach, sich weltweit auf vertrauenswürdige Algorithmen zu einigen. „Darum nehmen internationale Experten eingereichte Vorschläge bei sogenannten Cryptographic Competitions unter die Lupe.“ Diese über Jahre laufenden Wettbewerbe stellen zugleich internationale Forschungsschwerpunkte dar: Die betreffenden Algorithmen werden dabei nicht nur auf Herz und Nieren geprüft, sondern auch weiterentwickelt. „So suchen die beteiligten Wissenschaftler unter der Ägide einer hochkarätigen Jury die besten Lösungen für als besonders kritisch erachtete aktuelle Sicherheitsprobleme.“ Auch Eichlseders Institut verbucht hier Erfolge. „Unser Verschlüsselungsalgorithmus Ascon etwa wird nun nach fünfjähriger Testung beim renommierten Caesar-Wettbewerb für kleine smarte Alltagsgegenstände und Industrie-4.0-Elemente mit schwachem Prozessor, wenig Speicher oder begrenzter Stromversorgung empfohlen.“ Aufbauend auf diesem Erfolg hat ihr Team Ascon und einen zweiten Algorithmus bei einem weiteren Wettbewerb eingereicht.

„Die Kryptografie verbindet schlüssige Logik und tiefgründiges Verständnis der Mathematik mit den spannenden Anwendungen und kühnen Konstruktionen der Informatik“, erklärt die gebürtige Grazerin ihre Leidenschaft. Sie hat im Vorjahr nicht nur sub auspiciis promoviert, ihre Doktorarbeit wurde heuer auch mit dem Staatspreis des Wissenschaftsministeriums und dem Förderpreis für Dissertationen mit besonderer gesellschaftlicher Relevanz des „Forum Technik und Gesellschaft“ ausgezeichnet.

Das Interesse für Sprachen hat sie sich trotzdem bewahrt. Nachdem sie nebenbei schon Arabisch, Chinesisch und Russisch gelernt hat, eignet sie sich nach wie vor gern neue Sprachen und Schriften an. Zumindest wenn sie nicht gerade mit ihrem Verlobten die gemeinsamen Katzen unterhält oder den Balkonpflanzen beim Wachsen zusieht.

ZUR PERSON

Maria Eichlseder (31) studierte Technische Mathematik und Informatik an der TU Graz. 2018 promovierte sie sub auspiciis. Für ihre Dissertation bekam sie heuer den Staatspreis des Wissenschaftsministeriums sowie einen Förderpreis des „Forum Technik und Gesellschaft“. Sie forscht am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie der TU Graz.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2019)

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