Wort der Woche

Klimakonferenz

Der Pariser Weltklimavertrag greift noch nicht. Experten betonen indes, dass mit heute schon bekannten Methoden zu moderaten Kosten viel erreichbar sei.

Alle Jahre wieder versammelt sich die Weltpolitik zu einer Klimakonferenz – ab morgen zum bereits 23. Mal für zwei Wochen in Bonn. Dabei soll der 2015 in Paris ausgehandelten Weltklimavertrag mit Leben erfüllt werden. Bisher greift dieser ja nicht: Wie die Weltwetterorganisation WMO diese Woche bekannt gegeben hat, ist der CO2-Gehalt der Atmosphäre auf den neuen Rekordwert von 403,3 ppm gestiegen. Um die Erwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen, muss der Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 Prozent vermindert werden. Die aktuellen Pläne der Staaten reichen dafür nicht: Laut UN-Umweltorganisation Unep decken sie nur ein Drittel der erforderlichen Emissionsreduktion ab.

Im eben veröffentlichten Unep-Bericht gibt es aber auch optimistischer stimmende Aussagen. Vor allem: Die als Zwischenschritt bis 2030 nötige Senkung der Emissionen sei mit bekannten Methoden zu moderaten Kosten machbar – man muss also nicht auf technologische Fortschritte warten. Den Löwenanteil dabei machen Sonnen- und Windenergie, effiziente Geräte und Autos, ein Stopp der Abholzung sowie Aufforstung aus.

Darüber hinaus hat Unep Möglichkeiten bewertet, wie man CO2, das sich bereits in der Atmosphäre befindet, wieder „einfangen“ könnte. Neben teuren Hightech-Methoden wie Luftfilter (die in der Raumfahrt klaglos funktionieren) oder Verwitterung von Gestein (um Baumaterialien herzustellen) sticht eine Maßnahme hervor, die altbekannt und billig ist, bisher aber wenig eingesetzt wurde: das Binden von Kohlenstoff in Agrarflächen durch gezielten Humusaufbau.

Laut Studien des Wegener Centers für Klima und Globalen Wandel (Uni Graz) ließen sich in Österreich zehn bis 15 Prozent der CO2-Emissionen langfristig im Boden binden. Das würde, wie Zentrumsleiter Gottfried Kirchengast diese Woche bei einem Science Talk des Wissenschaftsministeriums betonte, nicht nur dem Klimaschutz dienen, sondern überdies die Bodenfruchtbarkeit und das Wasserbindungsvermögen steigern, dadurch die Ernährungssicherheit erhöhen und den Bauern zusätzliches Einkommen bescheren.

In den Augen des Forschers ist das ein gutes Beispiel, wie die Transformation zu einer nahezu treibhausgasemissionsfreien Gesellschaft und Wirtschaft funktionieren könnte: Es gehe um ein gemeinsames, bereichsübergreifendes und aktives Gestalten der Zukunft; andernfalls könnte Österreich große Zukunftschancen versäumen.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2017)

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