Klimaanlagen

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Der Markt für Klimaanlagen boomt seit Jahren gewaltig. Das ist auch das Ergebnis von schweren Versäumnissen in der Vergangenheit.

Die Hundstage – die schon von den alten Römern so benannt wurden, und zwar nach dem Sternbild des Großen Hundes – haben es heuer in sich. Nicht einmal Gewitter schaffen es, eine ordentliche Abkühlung zu bringen. Wenn man den Meteorologen glauben darf (und das kann man mittlerweile fast immer), ist Erleichterung nicht so bald in Sicht. Der Klimawandel mit seinen häufigeren Extremwetterereignissen lässt grüßen!

Man sehnt sich jedenfalls – ja – nach einer Klimaanlage. Und man ist damit nicht allein: Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) ist der Markt für Geräte zur Raumklimatisierung einer der am schnellsten wachsenden überhaupt. Derzeit gibt es weltweit rund 1,6 Milliarden Geräte, jede Sekunde werden zehn weitere verkauft. Im Jahr 2050 erwarten die Experten einen Bestand von 5,6 Milliarden Klimaanlagen. Der Energiebedarf für deren Betrieb ist gewaltig: Laut IEA verschlingen sie aktuell 2000 Terawattstunden Strom pro Jahr. Das entspricht einem Zehntel des weltweiten Stromverbrauchs. Oder dem zweieinhalbfachen Stromverbrauch des gesamten afrikanischen Kontinents! Dieser Energiebedarf wird sich glatt verdreifachen: 2050 könnte dann ein Drittel des Stromverbrauchs in Gebäuden für die Kühlung draufgehen.

Dass Klimaanlagen derartig boomen, ist zum einen auf den Klimawandel, zum anderen aber auch auf Versäumnisse in der Vergangenheit zurückzuführen. Dass sich Asphalt und Beton aufheizen, ist Physik und damit nicht zu verhindern. Aber dass heutige Gebäude zu wenig Abschattungsmöglichkeiten und eine zu schlechte Wärmeisolierung haben, ist hausgemacht. Dass die meisten Städte z. B. über keine ausreichenden Durchlüftungskorridore verfügen, ist von uns Menschen selbst verschuldet. Und auch, dass immer mehr Flächen versiegelt werden, wodurch keine natürliche Kühlung durch Verdunstung mehr möglich ist, ist kein Naturgesetz. Welchen immensen Einfluss Schatten und Begrünung haben, zeigt sich in Wäldern in der Umgebung von Städten, in denen es gut gern um sechs Grad kühler ist.

Wenn wir uns als Gesellschaft schon so schwer tun, wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, so sollten wir zumindest umgehend damit beginnen, die Folgen der fatalen Entwicklung abzumildern – und unser Leben und unser Umfeld an die Gegebenheiten anzupassen. Der Kauf einer Klimaanlage ist da wohl nicht die ultimative Lösung. ?

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.