Karl-Markus Gauß: Mehr sagen als reden

Die Reden, die Karl-Markus Gauß in den „Bibliothekarinnen von Renens“ vorlegt, bewegen, doch sie manipulieren nicht; sie vermitteln – sprachlich elegant – Wissen und offerieren frappierende Einsichten.

Wie verhält es sich heutzutage mit der Kunstform der Rede und den Fähigkeiten der Oratoren? Schlecht, betrachtet man diverse Sonntags- und Festreden. In der Antike gehörte das Wissensgebiet der Rhetorik – Aufbau, Form, rhetorische Figuren und hierdurch erzielte Effekte – zum Bildungskanon. Wer diese Kunst beherrschte, stand in hohem Ansehen, prägte den politischen Diskurs sowie die gerichtliche Praxis.

Als „Officia oratoris“, als Aufgabe des Redners, werden drei mögliche Ziele des Sprechens genannt: docere/probare (belehren, unterrichten), conciliare/delectare (erfreuen) und movere/flectere (bewegen, erschüttern). Während Ersteres die Aufbereitung aller Fakten, gestützt durch sachliche Argumente, fokussiert, umfasst die zweite Wirkungsweise die „Erregung sanfter Affekte“: Vergnüglich solle das Zuhören sein, damit man Redner wie Thema gewogen bleibe. Die dritte Art meint die gesamte Bandbreite von sanfter Einflüsterung bis massiver Manipulation, indem Emotionen – meist negativer Art wie Zorn oder Hass – gekonnt geschürt werden.

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