A Schand' für unsere Familie

Tiroler Robinsonade: Sophie Reyer rekonstruiert das Leben eines autistischen Bauernsohns.

Der Bauernsohn Jakob ist Autist. Er zählt am liebsten die Vögel am Himmel, kann Menschen nicht in die Augen blicken und hat eine Art zu schauen, die andere bang macht. Jakob ist randlos, heißt es, ein Kind ohne Rahmen, dessen Wahrnehmungen verschoben sind, und das sich mit der zwischenmenschlichen Kommunikation schwertut. Wenn ihm die Welt zu laut wird, wippt er monoton mit Kopf und Oberkörper, bis er müde wird.

Mit knappen Sätzen skizziert Sophie Reyer die Geschichte Jakobs in einem Bergbauerndorf in Tirol und die archaischen Rollen in der Familie. Man spricht wenig und wenn, dann mit ruppigem Umgangston. Der Bauer hat den Alltag zu bewältigen, sitzt in der Kneipe und kommt mit dem Anderssein seines Sohnes nicht zurecht. „Der Vater ist ein Vaterschlagen“, er weiß Jakob auch mit Worten zu schlagen. „Missraten bist!“ zischt er ihn an, eine „Schand' für unsere Familie“. Für Agathe, die ältere Schwester, ist er „der Krüppel“. Die Mutter verkörpert Behaglichkeit, aber sie ist nur die Frau des Vaters und schickt sich in ihre Pflichten. Allein seine jüngere Schwester Resi lernt behutsam, „ihn zu lesen“, denn sie liebt ihn und weiß ihn zu begreifen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.