Von der Poesie des Boxens

Kunterbunte Sammlung von Texten Wolf Wondratscheks aus mehreren Jahrzehnten.

Es mag eine Mode arrivierter Schriftsteller sein, dass sie eines Tages ihren literarischen Beifang aus dem Lauf der Zeit ihres Schaffens zusammenfassen und ein eigenes Buch daraus machen. Eben hat es der serbische Autor Bora Ćosić gemacht, der zwei seiner älteren Essays miteinander verschnürt und als eigenständiges Werk veröffentlicht hat. So auch jüngst Wolf Wondratschek. Da reihen sich mehrere Dutzend höchst unterschiedliche literarische Miniaturen aneinander: Festreden und Nachrufe, Gedankensplitter und Essays, zu geringem Teil bisher Unveröffentlichtes. Und weil sie aus so verschiedenen Anlässen entstanden, in so mannigfaltige Formen gegossen sind, wurde über alles der wenig aussagekräftige Titel „Erde und Papier“ gebreitet.

Man mag es einem Autor übel nehmen, wenn festgestellt werden muss, dass es sich beim neuen Buch um eine Sammelmappe vielfach schon vor langer Zeit veröffentlichter Gedanken handelt. Andererseits bietet es, nicht nur Neulingen unter den Lesern des Schriftstellers, die Gelegenheit, eine Reise durch dessen reiches literarisches Leben zu unternehmen. Am Anfang schreibt Wondratschek von Schulaufsätzen, dem frühreifen Dichter in ihm. Mittendrin liefert er eine Bildbeschreibung, klassisches Deutschstundenthema, ab. Aber was für eine! „Schlafendes Mädchen“ von Renoir. Dieser Mann kann schreiben, möchte man ausrufen, würde es nicht despektierlich erscheinen angesichts eines seit Langem verehrten Meisters der Sprache. Wondratschek ist ein Poet, ein Dichter, auch wenn er über die Vertreter dieser Kunst in einem seiner Texte in ziemlich verachtender Weise herzieht. Wie er überhaupt sehr genau trennt zwischen dem, was ihm missfällt, und dem, was er verehrt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.