Usain Bolt: Ein Drama auf den letzten Metern

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Der Rekordläufer aus Jamaika muss die Laufbahn bei seinem Abschiedsrennen humpelnd verlassen. Von dem "Zusammenbruch eines Imperiums", schreiben ausländische Medien. Mit Video.

Das Bild von Usain Bolt im Rollstuhl sollte nicht das letzte sein, das man von ihm in Erinnerung behalten wird. In seinem Abschiedsrennen bei der London-WM von einem Muskelkrampf im Oberschenkel gestoppt, lehnte der Jamaikaner die Hilfe ab und humpelte im Kreis seiner Staffelkollegen mit schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Stadion. Ein brutaler Abgang für den Sprinthelden.

Doch auch nur ein Mensch, möchte man da von jenem Mann denken, der fast ein Jahrzehnt die Sprint-Welt beherrscht hat. Nie zuvor ließ Bolt sein Körper bei einer wichtigen Meisterschaft derart in Stich. Einzig die Nerven schlugen ihm einen Streich, als er 2011 bei der WM in Daegu im 100-m-Finale einen Fehlstart produzierte. Er tritt mit acht Olympia-Goldmedaillen sowie elf goldenen, zwei silbernen und einer bronzenen Plakette bei Weltmeisterschaften und als Weltrekordler über 100 m, 200 m und mit der Staffel ab.

"Eine Nacht, in der Götter fallen", befand die italienische Zeitung "La Repubblica" das Drama auf Bahn fünf, und meinte weiter: "Niemand hat sich so viel Leid ausgemalt: Bolt am Boden, die Hände vor den Augen, er will das eigene Ende nicht sehen." Die spanische "Marca" schrieb: "Es war ein grausamer und unvorstellbarer Abschied. Der Zusammenbruch eines Imperiums." Das letzte Rennen von Bolt werde als "Schock in die Geschichte eingehen", urteilte "AS". Und "El Mundo" stellte fest: "In London endete die Fantasie, und die Realität kehrte zurück."

"Danke, Leute"

Der jamaikanische Team-Arzt hatte zwei Stunden nach Bolts Hinfaller und Purzelbaum von einem "Krampf in seinem linken Oberschenkel" berichtet. "Aber viel Schmerz kommt von der Enttäuschung, das Rennen verloren zu haben", schrieb der Mediziner. Die Lichtgestalt der Leichtathletik reagierte bisher mit einem Posting in den sozialen Netzwerken. "Danke, Leute. Unendliche Liebe für meine Fans", postete der bald 31-Jährige und stellte applaudierende Hände dazu.

In der finalen Abendsession am Sonntag hatten die WM-Organisatoren noch etwas Spezielles zu seinem Abschied geplant, blieb abzuwarten, wie groß bei Bolt Schmerz und Frustration noch waren. Bronze über 100 m und eine Nullnummer mit der Staffel - da wird sich auch Bolt bemühen müssen, als fairer Verlierer das Feld zu räumen.

Die knapp 60.000 Zuschauer im Stadion ließen den Aufschrei nach Bolts Ausscheiden nahtlos in den Jubel mit der britischen Staffel übergehen, die vor den USA und Japan Gold holte. Justin Gatlin hatte Mitleid mit seinem größten Konkurrenten. Er sei immer noch der Beste auf der Welt, meinte der Sprintweltmeister aus den USA, diese Weltmeisterschaften würden das Vergangene nicht ungeschehen machen.

Gatlin beklagte das lange Prozedere bis zum Start und führte das auf das Fernsehen zurück. Zu lange sei man bei den kühlen Temperaturen ohne Überziehsachen dagestanden und bereits wieder ausgekühlt gewesen, als der Startschuss fiel. "Ich denke, es waren die Elemente. Ich denke, dass der Krampf daher kam."

Beschwerden waren auch vom jamaikanischen Team gekommen. "Ich denke, sie haben uns zu lange im Call Room gehalten. Usain war es wirklich kalt. Er sagte zu mir, 'Yohan, ich denke, das ist verrückt'. Es waren noch vierzig Minuten und zwei Medaillenzeremonien vor unserem Lauf", erzählte Yohan Blake.

(APA/Birgit Egarter)

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