Teamchef Koller: "Wir sind noch nicht so weit"

Teamchef Koller sind noch
Teamchef Koller sind noch(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Österreichs Teamchef nimmt nach dem 0:3 gegen die Elfenbeinküste die Spieler in die Pflicht. An den Pranger aber will er keinen stellen. Für die Spieler galt: mitgehangen, mitgefangen.

[WIEN/LINZ] So hat sich das der Teamchef nicht vorgestellt, Marcel Koller stand auch am Tag nach der 0:3-Niederlage in Linz gegen die Elfenbeinküste die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Seit einem Jahr ist der Schweizer nun im Amt, drei Länderspiele sind in dieser Zeit in die Hose gegangen. Aber keines so deutlich wie dieses. Die ÖFB-Auswahl, doch klar verändert gegenüber dem 4:0 gegen Kasachstan, hat sich phasenweise seinem Schicksal ergeben. Vor allem nach dem Rückstand, da gab es dann kein Aufbäumen mehr.

Marcel Koller gehört nicht zu jenen Trainern, die in der Öffentlichkeit Einzelkritik üben. Darum hielt er sich bei seinen Ausführungen eher allgemein. „Wir haben den Spielern empfohlen, dass sie sich das Spiel noch einmal anschauen. Jeder soll vor seiner Türe kehren und muss selbstkritisch sein“, sagt der 52-Jährige. Auch das Trainerteam werde das sein. Die Stimmung in der Mannschaft sei zwar auch diesmal gut gewesen, letztlich aber sei der Grat zwischen Selbstüberschätzung, Überheblichkeit und gesundem Selbstbewusstsein schmal.
„Aber wir haben immer gesagt, dass es Rückschläge geben wird“, so Koller. Der Weg geht nicht immer geradeaus.“ In Erinnerung sei allerdings gerufen, dass auch das 0:0 in Astana gegen Kasachstan als Misserfolg verstanden werden muss.

Mit sich selbst gekämpft

„Ich werde niemanden an den Pranger stellen“, stellt Marcel Koller klar. Für die Spieler galt: mitgehangen, mitgefangen. „Man hat schon gespürt, dass die Moral nicht so da war, wieder zurückzukommen“, erklärte der Teamchef die Situation nach dem 0:1-Rückstand. „Jeder Einzelne ist gefordert, etwas für das Team zu tun.“ Gegen die Elfenbeinküste hätten allerdings fast alle Spieler mit sich selbst zu kämpfen gehabt. „Daher haben sie nicht das übergeordnete Ziel verfolgt.“

ÖFB-Präsident Leo Windtner sprach von einem Weckruf zur rechten Zeit. Die Erwartungshaltung sei nach den jüngsten Länderspielen groß gewesen, „leider ist es dann nicht jenes Fußballfest zur Abrundung einer durchaus guten Länderspielsaison geworden.“ Dennoch dürfe man nun nicht wieder alles infrage stellen. „Grundsätzlich passt der Weg“, meint der Präsident. Und Marcel Koller werde ihn – wie ausgemacht – fortsetzen. „Ich erwarte mir, dass er die nächste Zeit nützt, weiter intensiven Kontakt zu den Spielern hält, das ganze nüchtern aufarbeitet.“

Der ÖFB-Teamchef gilt als akribischer Arbeiter, allzu viel zu analysieren gibt es nach dem 0:3 gegen die Elfenbeinküste auch wieder nicht. „Wir konnten nicht alles umsetzen, was wir uns vorgenommen haben.“ Wobei es diesmal mehr Schwachpunkte gab, als allen lieb war. Nicht nur in der Defensive, sondern auch im Spielaufbau. „Uns sind zu viele Flüchtigkeitsfehler passiert. Die letzten Pässe waren oft schlampig, daran müssen wir arbeiten“, sagt Koller. „Wir sind noch nicht so weit, dass wir das regelmäßig abrufen können. Da werden wir weiter den Finger draufhalten.“
Unterm Strich, das darf man durchaus so interpretieren, ist Koller offenbar von einigen Spielern, denen er eine Chance geben wollte, wahnsinnig enttäuscht. Um Fortschritte zu machen, bedürfe es aber Konsequenz und Genauigkeit. „Die Schwierigkeit liegt immer im Detail“, wiederholt der Teamchef. „In dem einen Jahr, in dem ich hier bin, ist es ein wenig besser geworden. Wir wissen aber, dass das kein Wunschkonzert ist. Aber man muss sich auch einmal selbst in den Hintern treten.“

Erfahrung, die schmerzt

Der Schweizer wird jetzt nicht gleich den einen oder anderen Profi aus dem Kader schmeißen, der Kreis der Nationalspieler ist gefunden, da wird sich auch 2013 vermutlich nicht allzu viel ändern. „Für Österreich und unser System sind das derzeit die Besten.“ Aufgedrängt für höhere Aufgaben hat sich keiner. Vor allem Tormann Heinz Lindner nicht. Koller: „Auch aus einem Fehler nimmt er Erfahrung mit.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2012)

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