Kosten-Nutzen-Rechnung ging nicht auf

Die Ära von Giovanni Trapattoni wird in Salzburg nicht lange in Erinnerung bleiben.

SALZBURG (wie-). Der „Maestro“ hat es überstanden, die österreichische Bundesliga hat er hinter sich gebracht, er wechselt nach Irland, um auf der Insel den Posten des Teamchefs zu übernehmen. Schon im Mai nimmt der 69-Jährige seine Arbeit auf, nicht anzunehmen, dass er den rotweißroten Fußball vermissen wird. Wehmut empfindet der Italiener keine, bei Salzburg hat er keine Zukunft mehr gesehen. „Ich habe gewusst, dass es notwendig ist, dass ich mich verändere. Irland ist eine neue Herausforderung – die Mannschaft braucht auch eine.“ Nicht nur die irische Auswahl, sondern auch die roten Bullen.

48 Siege, 19 Remis, 20 Niederlagen

Salzburg hat unter der Führung von Trapattoni 87 Spiele absolviert, davon konnten 48 erfolgreich beendet werden, nur 20 gingen verloren. Der Rest (19) endete mit einem Remis. Auch zum Abschied in der letzten Runde gab es eine Punkteteilung, gegen Altach reichte es nur zu einem 1:1. In der Fremde ist der entthronte Meister traditionell nur die Hälfte wert (15 Siege, 13 Remis, 16 Niederlagen). Mit ein Grund, warum Trapattonis Mannschaft nicht mehr als Nummer 1 dasteht.

„Wir haben gewusst, dass die Konkurrenz stärker geworden ist“, erklärte Trapattoni zum Abschluss. „Meine Bilanz fällt trotzdem positiv aus. Im ersten Jahr waren wir sehr erfolgreich, heuer war alles viel schwieriger. Es gibt nach jeder Saison etwas, was man besser machen hätte können. Wir haben auch Pech gehabt, es gab viele Verletzungen – und wir haben zu viele Elfer verschossen.“

Das alleine war es aber nicht. Der Salzburg-Trainer hat seinen Abschied relativ früh bekannt gegeben, die Werkself hat darauf nicht gerade mit Höchstleistungen reagiert. Trauriger Höhepunkt war das 0:7 gegen Rapid. „Verkraftet habe ich das bis heute nicht. Eine Mannschaft mit dieser Erfahrung kassiert 4 Tore binnen 15 Minuten – und wenn ich meine Spieler frage, wie das passieren konnte, dann bekomme ich keine Antwort.“

Vom Engagement des ehemaligen Titel-Hamsters bleibt unterm Strich nicht viel übrig, die Kosten-Nutzen-Rechnung kann in Wals-Siezenheim nicht ganz aufgegangen sein. Der Klub mit dem größten Budget hat sich verkalkuliert, Korrekturen wurden entweder gar nicht, oder zu spät vorgenommen. Die Wahl der Sportdirektoren (Oliver Kreuzer, beerbt von Heinz Hochhauser) war nicht gerade glücklich, der Abgang von Lothar Matthäus hat auch Energie gekostet. Bedenklich stimmt vor allem die Einkaufspolitik. Ein Großteil der Legionäre hat keinerlei Klub-Bindung. Frei nach Josef Hickersberger könnte man sagen: Man hat nicht die Richtigen unter Vertrag genommen.

Gewagte Prognose

Trapattoni hat den österreichischen Fußball nicht beeinflusst, er wird nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben. Mit der defensiven Taktik konnten die Fans obendrein nichts anfangen. Ob er bezüglich Charakter auf die richtigen Spieler gesetzt hat, muss man auch bezweifeln. Der Trainer selbst sieht das naturgemäß anders. „Ich hinterlasse eine Mannschaft, die gutes Potenzial hat. Mit zwei, drei neuen Spielern kann sie auch international Erfolge landen.“ Auch das eine gewagte Aussage. Valencia, Donezk, aber auch Blackburn und AEK Athen waren unter Trapattoni eine Nummer zu groß.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2008)

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