Europa League. Salzburg zeigte im Halbfinalrückspiel gegen Marseille, was Energie, Glauben und Mut bewegen können. Olympique verlor 1:2 nach Verlängerung, stieg aber mit dem Gesamtscore von 3:2 auf. Im Finale wartet Atletico Madrid.
Salzburg. Am 3. Mai 1978 stand mit Austria erstmals ein österreichischer Klub in einem Europacupfinale. 40 Jahre später versuchte RB Salzburg es zu erreichen. Österreichs Serienmeister lieferte nach zögerlicher erster Hälfte im Halbfinal-Rückspiel gegen Olympique Marseille ein wahres Feuerwerk der Emotionen ab, glich den 0:2-Rückstand aus dem Hinspiel nach Toren von Haidara (52.) und Schlager (65.) aus. Salzburg begeisterte, kämpfte um den Finaltraum, bis in die Verlängerung – und kassierte dann das bittere 1:2.
Olympique stieg mit 3:2 Gesamtscore auf. Im Finale am 16. Mai in Lyon wartet Atletico, das Arsenal im Rückspiel mit 1:0 besiegte.
Minimalismus da, Energie dort
Zum dritten Mal in Folge war das Stadion in der Europa League (29.520 Zuschauer) ausverkauft. Aber, wann wenn nicht beim wohl wichtigsten Spiel der seit 2005 laufenden Klubgeschichte, sollte die Arena voll sein? Es gab sogar seltene Transparente: „Lasst uns diese Saison mit dem Finale vergolden.“
Salzburg begann mit zwei Umstellungen im Vergleich zum Hinspiel in Marseille. Statt Hwang begannen Gulbrandsen und Schlager statt Wolf. Trainer Marco Rose ließ sich nicht gänzlich in die Karten blicken. Seine Vision: Salzburgs erstes Europacupfinale seit 1994. Womöglich Österreichs erster Triumph im fünften Anlauf?
Das Verlangen nach dem schnellen 1:0 erwies sich lange als Hemmschuh. Hatte Dabbur den Ball, standen vier Marseille-Spieler parat. Geschickt, konsequent verteidigten die Franzosen den Vorsprung. Eckball, Freistoß oder Einwurf – sie kannten keine Eile.
Lief ein Konter der Bullen, war es zaghaft. Nein: harmlos, wie von Dabbur (13.) oder Gulbrandsen (14.). Stets war auch einer der auf Minimalismus bedachten Franzosen, über die Brasilianer Luis Gustavo in der Abwehr verfügte, schneller. All die Emotionen, der Einsatz, es nützte Salzburg sehr lange gar nichts. Es gab keine einzige zwingende Torchance in Hälfte eins, keinen Torschuss. Marseille (4-4-2-System) tat nicht mehr als nötig, spielte ungeheuer clever. Und die Uhr tickte.
Als Haidara der Kragen platzte
Thauvin oder Payet spielten unbekümmert. Gulbrandsen war hingegen einstellig, was Ballkontakte anbelangte. Dabbur war selten am Ball zu sehen, Salzburg schien bereits zur Halbzeit am Ende der Europacupreise angelangt zu sein.
Nach Wiederbeginn aber änderte sich das Blatt. Haidara hatte genug, sein Solo war unwiderstehlich, schnell. Der Schuss passte, 1:0 (52.). Es imponiert, wenn man in Salzburg nichts mehr versteht, Applaus und Jubel alles überdröhnen. Marseilles zuvor verkörperte Ruhe und Unbekümmertheit war verschwunden. Die Rechnung bekam der Vierte der Ligue 1 prompt präsentiert: 2:0 durch Schlager (65.). Es folgten Chancen sonder Zahl, Hwang (71.) scheiterte knapp. Salzburg hatte aber auch Glück: Thauvin traf mit einem Kopfball nur die Latte (75.).
Es begann ein Schlagabtausch, der den Europacup so besonders macht. Mit Standing Ovations, Zweifeln, einer Verlängerung, die jedem den Nerv raubte. Weil Caleta-Car scheiterte (99.), Dabbur (101.) knapp daneben schoss. Und Rolando (116.) mit dem 1:2 die Erlösung für die Franzosen gelang - nach einem Eckball, der in Wahrheit keiner war (war der vorangegangene Schuss von Andre Zambo Anguissa doch vom Knie von Lucas Ocampos ins Torout abgelenkt worden).
Ein wirklich bitteres Ende.
Salzburg: Walke - Lainer, Ramalho, Caleta-Car, Ulmer - Haidara (Rot 119.), Samassekou, Schlager (84. Minamino), Berisha - Gulbrandsen (69. Hwang), Dabbur
Marseille: Pele - Sarr, Rami, Luiz Gustavo, Amavi - Sanson, Lopez (66. Zambo Anguissa) - Thauvin, Payet, Ocampos - Germain (84. Njie)