Das so unbeschwerte Spiel der Seleção: Österreich verliert 0:3

FUSSBALL LAeNDERSPIEL: OeSTERREICH - BRASILIEN
FUSSBALL LAeNDERSPIEL: OeSTERREICH - BRASILIENAPA/HANS PUNZ
  • Drucken

Brasilien gewann die Generalprobe gegen Österreich klar mit 3:0. Bei der WM warten in Gruppe E Schweiz, Costa Rica und Serbien – und als Gruppensieger könnten sich Neymar und Co. Deutschland im Achtelfinale „ersparen“.

Wien. So sehr sich Österreichs Fußballteam auch bemühte, gegen Rekordweltmeister Brasilien riss die Erfolgsserie unter Coach Franco Foda. Die Seleção trat zur WM-Generalprobe in Wien in Bestbesetzug an und ließ letztendlich keinen Zweifel daran aufkommen, wer dieses Spiel gewinnen wird. Nach fünf Siegen en suite setzte es mit dem 0:3 (0:1) die erste Niederlage für Teamchef Foda. Er wird es wohl nicht weiter schlimm nehmen, womöglich unterlag man ja am Sonntag dem neuen Weltmeister.

Wer die Stimmung beim WM-Test im ausverkauften Happel-Stadion miterlebte, war jedenfalls ein Gewinner, der musste einfach Gänsehaut bekommen. Die „Immer wieder“-Choräle waren beeindruckend, die Lautstärke der 48.500 Zuschauer oft ohrenbetäubend. Gut also, dass sich Fußballbund und Stadt Wien auf einen neuen Mietvertrag über fünf Jahre einigen konnten.

Jedes Land hat seine Legenden

Legenden, die immer ihren Senf abgeben müssen, gibt es in jedem Land. Geht es um Fußball und Brasilien, gibt es an der Ikone Pelé kein Vorbeikommen. Drei WM-Siege, Rekordtorschütze in der Seleção – also wird der 77-Jährige derzeit zu jedem Thema rund um die WM befragt. Er sieht Brasiliens Team „noch nicht in bester Verfassung. Eine Sache bereitet mir Sorgen. Wir haben noch nicht das richtige Team gefunden. Von der individuellen Klasse her sind alle Spieler sehr gut, aber es ist keine Mannschaft.“

Gegen Österreich traf diese Kritik jedoch nicht zu. Neymar und Coutinho suchten und fanden sich stets. Marcelo war anspielbar, Willian bot sich an. Die technische Überlegenheit war deutlich, wenngleich Arnautović (24.) eine gute Chance vorfand – doch Tore fehlten lange auf beiden Seiten. Casemiros (8.) und Coutinhos (25.) Schüsse verfehlten das Tor nur knapp. Auch Paulinho (35.) fehlten nur Zentimeter. Das 1:0 durch Gabriel Jesus (36.) war dennoch nur eine Frage der Zeit, zu viel Platz, ein Stellungsfehler (Dragović), Lindner war machtlos.

Natürlich, Neymar!

Die Seleção, die in Russland darum bemüht sein muss, die 1:7-Schmach gegen Deutschland (WM 2014, Belo Horizonte) vergessen zu machen, tat, was in einem Test letztlich nötig ist. Spielen, laufen, etwas ausprobieren. Aber sicher nicht mehr. Und sie vermied tunlichst, was in solchen Partien immer zu vermeiden ist: dass sich ein Star verletzt. Getanzt wurde dann doch einmal, Neymar düpierte Dragović, 2:0 (63.). Wenig später traf Coutinho (69.) zum 3:0.

Wiedergutmachung gelingt Brasilien bei der Weltmeisterschaft in Russland nur mit dem sechsten Titel – und dafür sind zuerst Siege in der Gruppe E gegen Schweiz (17. Juni), Costa Rica (22. Juni) und Serbien (27. Juni) nötig. Das ist vor allem deshalb von Belang, weil dem Gruppenersten voraussichtlich das Achtelfinal-Duell mit Deutschland erspart bleibt.
Tite, seit August 2016 im Amt, nimmt seine Aufgabe ernst. Der 56-Jährige lässt gern ein offensives 4-3-3-System spielen. Daran rieb man sich in der Heimat, nur der Erfolg lässt kaum Kritik, auch nicht von Pelé, zu. Schlüsselspieler ist Neymar, Säulen sind Marcelo, Casemiro (beide Real), Fernandinho (Manchester City), Coutinho (Barcelona), Firmino (Livperool), Gabriel Jesus (City).

Brasiliens neue Abwehr

Auf dem Papier hat Brasilien die vielleicht stärkste Offensive der Welt, in Wahrheit aber ist das neue Prunkstück die Abwehr, das sah man auch in Wien. Es gab keinen unüberlegten Pass, die Spieleröffnung war souverän. Bei ÖFB-Angriffen stimmte immer die Zuordnung. Dafür hat Tite Ex-Barca-Spieler Sylvinho geholt, der ihm als Ko-Trainer den Offensivblock neu organisiert hat, mit Thiago Silva, Marcelo – und Keeper Allison, dem kein Patzer unterläuft.

Und Brasiliens WM-Gegner? Die Schweiz (4-2-3-1) setzt auf das Geschick des zentralen Mittelfeldspielers Granit Xhaka (Arsenal). Im Angriff sollen Xherdan Shaqiri (Stoke City) und Breel Embolo (Schalke) punkten. Krasser Schwachpunkt ist die Abwehr. Serbien war Österreichs Gegner in der Qualifikation, Neo-Teamchef Mladen Krstajić, 43, steht eine Topauswahl zur Verfügung. United-Star Nemjana Matić wird begleitet von Dušan Tadić (Southampton), Aleksandar Mitrović (Newcastle) und Filip Kostić (HSV). Costa Rica (5-4-1) ist Außenseiter, Celso Borges (La Coruña) und Abwehrspieler Bryan Oviedo (Sunderland) werden europäischen Ansprüchen halbwegs gerecht. Österreich, so analysierte Sylvinho, sei ob des Spiels mit der defensiven Fünferkette durchaus mit Costa Rica vergleichbar.

Ob also Brasilien die richtigen Schlüsse ziehen konnte bei der Stippvisite im Happel-Stadion? Österreich spielte anfangs mutig mit, wirkliche Chancen ließ die Seleção aber nicht zu. Es muss doch schließlich einen Unterschied geben zu einem (echten) Weltmeister . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Arnautovic
Sport

"Werden Weltmeister": Österreicher reden sich Brasilien groß

Seit 2013 verloren Österreichs Fußballer nicht so hoch wie nun gegen Brasilien. Ihre Reaktion: Lob. Arnautovic ortet den nächsten Weltmeister, Baumgartlinger eine Lehrstunde.
Fußball-International

Das ÖFB-Team bleibt im Happel-Stadion

Stadt Wien und ÖFB einigten sich auf einen neuen Mietvertrag, der über fünf Jahre läuft. Damit finden die Spiele der "Nations League" im Herbst auch im Prater statt. Ist damit aber das Thema "Nationalstadion" vom Tisch?
Österreichs Rekordteamspieler Andreas Herzog (103 Einsätze) sieht Brasilien bei der WM in der Favoritenrolle.
Fußball-International

Andreas Herzog: "Arnautović sollte schon seit vier Jahren bei Manchester spielen"

Der ÖFB-Rekordinternationale über Marko Arnautović, Deutschlands Dilemma und seinen WM-Favoriten.
SOCCER - AUT vs BRA, test match
Fußball

Brasilien startet in Wien mit Neymar

Neymar von Beginn an im Einsatz - Trainer Tite: "Österreich hat gute Ergebnisse eingefahren, vor allem jenes gegen Deutschland!"

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.