David Alaba: Alles begann am Biberhaufenweg

David Alaba Alles begann
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Der 19-jährige Wiener David Alaba hat nicht nur die Herzen der heimischen Fußballfans erobert, sondern ist auch einer der Bayern-Lieblinge. Er hofft auf weitere Chancen zum Gewinn eines Europacup-Finales.

Ein anderer Spieler wäre vielleicht längst wieder in den Niederungen des Wiener Fußball-Unterhauses verschwunden. Oder er wäre nicht einmal in Österreich ein Bundesliga-Profi geworden. Nicht aber David Alaba, der 19-jährige Wiener, der in den vergangenen Monaten die Herzen der rot-weiß-roten Fußballfans erobert hat. „Ich finde das wirklich unglaublich und toll“, sagt sein Vater George, ein gebürtiger Nigerianer, „dass David die ganze Nation, die ganze Republik die Daumen drückt.“ Geholfen hat es dann doch nicht ganz, weil der so vielseitige Youngster von Bayern München ausgerechnet im größten Spiel des Jahres nicht einsatzberechtigt ist. Alaba hat im Semifinal-Rückspiel bei Real Madrid die dritte Gelbe Karte kassiert, ist somit für das Endspiel der Champions League am 19.Mai gesperrt. Ausgerechnet das Finale bedeutet für ihn eine Unvollendete.

David Alaba hat darum keine Tränen vergossen, der gebürtige Wiener sieht seine Situation ganz anders. „Ich bin noch so jung, ich kann noch viel erreichen.“ Er hofft also insgeheim, dass sich in seiner weiteren Karriere noch genug Chancen auf den Gewinn eines Europacup-Finales ergeben. „Ich weiß, ich hätte der erste Österreicher sein können, der zum Einsatz gekommen wäre. Aber viel wichtiger ist, dass wir es als Mannschaft geschafft haben.“ Auch dank Alabas Laufarbeit, Einsatz – und Abgebrühtheit. Denn der erste Elfer beim Penaltyschießen hat gesessen. „Und dafür danke ich Gott. Er hat mir die Kraft und die Energie gegeben.“

Vater George, der ehemalige Sänger und Musiker, seit einigen Jahren DJ, ist einer der treuen Begleiter von David. Das zweite Duell mit Real Madrid hat er allerdings nur im Fernsehen verfolgen können. „Die Zeiten sind sehr hektisch geworden“, sagt er. „Ununterbrochen läutet das Telefon, jeder will etwas über unseren David wissen.“ Der Vater ist immer noch ein wenig aufgeregt, die große Nervosität aber hat sich mittlerweile gelegt. „Die Art und Weise, wie wir akzeptiert werden, die ist schon großartig. Aber der Hype ist ein Wahnsinn. Jeder ist stolz auf David.“

Die Eltern haben ihren Sohn gut vorbereitet auf das, was jetzt auf einmal alles über ihn hereinbricht. „Er hat die richtige Mentalität“, sagt der Vater. „Natürlich haben wir ihm auch moralische Dinge auf den Weg mitgegeben, aber wichtig ist, dass man an Gott glaubt. Und David lebt das so – Gott hilft ihm. Er hat den Grundstein gelegt.“

Der Frühreife. Mitgefiebert wird regelmäßig auch beim SV Aspern. Im 22.Wiener Gemeindebezirk am Biberhaufenweg hat David Alaba erstmals auf Vereinsebene trainiert. Als Achtjähriger fragte er, ob er mitkicken darf – noch heute ist sein damaliger Betreuer und Trainer Emanuel Dahner ein wenig fassungslos. „Ich habe zwar immer gewusst, dass es David wirklich schaffen kann, aber wenn es eben wirklich passiert, dann glaubst du, du träumst.“ In Dahners Händen blühte das Talent auf, Alaba schoss Tore wie am Fließband, der Trainer erkannte, dass Aspern eine Nummer zu klein wird. Emanuel Dahner stellte daher den Kontakt zur Wiener Austria her – der Anfang war gemacht. Und rasch gemacht. Auch dank Herbert Gager, dem ehemaligen Rapid- und Austria-Spieler, der sich in Favoriten um den Nachwuchs kümmert.

Auch den Trainern des Österreichischen Fußballbundes blieb das Talent nicht verborgen. Auch Paul Gludovatz, einst Ried, nunmehr Sturm-Manager, erinnert sich gerne an Alabas Frühzeit. „Er war einer der wenigen Spieler, die ich in der nächsthöheren Altersklasse eingesetzt habe.“ Wegen seiner Cleverness und wegen seines Spielwitzes.“ Andreas Herzog sollte Alaba später in der „Presse“ als Schlitzohr und Schlawiner bezeichnen. „Der braucht keinen Trainer mehr, der kann eh schon alles“, war eine der Gludovatz-Aussagen.

Aber David Alaba ist kein Duckmäuser, auch darum hat er seinen Weg gemacht. Er gehört zu jenen Talenten, die es faustdick hinter den Ohren haben. Wer sich bei den Bayern behauptet, der muss auch über andere Qualitäten verfügen. Sonst wird er womöglich wild durchgebeutelt von einem Mitspieler. So wie einst Herzog von Oliver Kahn. Der Wiener hat sich längst Respekt verschafft, er strotzt vor Kraft, er frisst Kilometer wie kaum ein Zweiter, er sprintet, flankt – und spielt oft ideal ab. Auch darum schätzt ihn Superstar Franck Ribéry so sehr. Aus gegenseitigem Respekt ist längst eine engere Geschichte entstanden, eine echte Freundschaft. Das ist beim FC Hollywood keine Selbstverständlichkeit.

Den Braten gerochen hat auch Österreichs Ex-Teamchef Dietmar Constantini. Der Tiroler hatte Alaba bereits im April 2008 als Austria-Trainer im Auswärtsspiel in Altach mit im Gepäck und Kader. Als ÖFB-Trainer holte er den Wiener ins Team, Alaba gab im Oktober 2009 sein Debüt. Constantini wurde seinerzeit auch von dieser Zeitung Populismus vorgeworfen, weil er den Bayern-Legionär zum jüngsten ÖFB-Teamspieler (17Jahre, 112Tage) aller Zeiten machte. Dabei wollte der Tiroler nur anderen Verbänden (DFB, Nigeria, Philippinen) zuvorkommen, ein Abwerben verhindern. Dass der offensiv orientierte Allrounder jetzt als Linksverteidiger glänzt, das überrascht nicht einmal mehr. Weil man einem Alaba eben alles zutrauen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2012)

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