Deutschland: Ein Flüchtling wird kurzerhand Fußballprofi

 Bakery Jatta, der neue Star des HSV.
Bakery Jatta, der neue Star des HSV.(c) GEPA pictures
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Die Geschichte von Bakery Jatta, einem 17-jährigen Flüchtling aus Gambia, begeistert Deutschland. Der HSV gibt dem Westafrikaner nach Probetrainings sogar einen Vertrag. Trainer Labbadia sagt: „Dieser Junge kann kicken.“

Hamburg. Bakery Jatta, 17, ist Hamburgs neue Fußballhoffnung. Der Teenager aus Gambia kam aber nicht aus irgendeiner Akademie zum Bundesligaverein. Auch wurde der Westafrikaner dem Klub von keinem geldgierigen Berater empfohlen; ganz im Gegenteil. Bis zuletzt galt Jatta in Deutschland als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Jetzt wird er als Attraktion gepriesen – und seine Geschichte liest sich wie ein Märchen.

Im Juli oder August 2015, so genau weiß das in Bremen niemand mehr, war Jatta im Erstaufnahmezentrum gelandet. Über Motive, Ängste oder die Odyssee durch Wüste und übers Meer verliert er weiterhin kein Wort. Der junge Mann fand in der Akademie Lothar Kannenberg ein Zuhause, die Einrichtung für Bildung und Jugendhilfe kümmert sich um Kinder, gewalttätige Jugendliche, um Flüchtlinge und deren Schicksal. Der Mitarbeiter Fadhel Souafi erkannte sein Talent und vermittelte Probetrainings. Bei Werder war kein Platz, beim HSV stellte er auf Anhieb alles auf den Kopf. Seine Vorlage für ein Tor wurde gewürdigt, die Klubchefs waren hellhörig.

Wie Hamburger Medien nun berichten, wurde dem Teenager jetzt ein Profivertrag vorgelegt. Der Medizincheck ist absolviert, Juristen prüfen nur noch, wie es mit Anstellung und Verträgen bei Flüchtlingen bestellt ist. Ein Job in Deutschland ist jedenfalls gleichbedeutend mit einer Aufenthaltsgenehmigung.

Die Konditionen, die Berater Firat Aktas gemäß der „Bild“-Zeitung ausgehandelt haben soll, lassen aufhorchen: 120.000 Euro Gehalt, inklusive Prämien sind jährlich 300.000 Euro möglich. Von Zusatzverdiensten aus Werbeverträgen und Merchandising ganz zu schweigen. Klassische Details, etwa dass ihm sein Opa den Fußball in die Wiege gelegt habe oder er beim HSV-Training bei minus sieben Grad erstmals in seinem Leben Schnee sah, wurden jedenfalls schnell bedient.

Dennoch, da unterscheiden weder Klub noch Staat: Gesetze sind einzuhalten. Jatta darf erst als 18-Jähriger unterschreiben, auch darf er erst am Wochenende mit der Mannschaft trainieren. Der HSV ist derzeit auf Trainingslager in Belek – als Flüchtling darf Jatta Deutschland nicht verlassen.

Also lernt Jatta, ein Muslim, Deutsch. Er spricht vorerst nur Englisch, verehrt Neymar und träumt wie jeder andere Teenager auch von der großen Karriere. Man hätte ihn aufgenommen „wie einen Bruder“, sagt er. Wenn er denn auch noch Tore schießt, wird man ihn in Hamburg sogar als Helden feiern. „Bakery hat sehr große Spielintelligenz und gute Anlagen“, sagt Trainer Bruno Labbadia. „Dieser Junge kann kicken.“ (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2016)

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