Analyse

FC Bayern: Und was passiert nach Heynckes?

2013 verabschiedete sich Heynckes mit dem Triple in den vorübergehenden Ruhestand aus München, voriges Jahr kam er wieder. 2018 tritt Niko Kovač seine Nachfolge an.
2013 verabschiedete sich Heynckes mit dem Triple in den vorübergehenden Ruhestand aus München, voriges Jahr kam er wieder. 2018 tritt Niko Kovač seine Nachfolge an.(c) REUTERS (MICHAELA REHLE)
  • Drucken

Jupp Heynckes, 72, hat die desolaten Bayern im Eiltempo zum Triple-Aspiranten geformt, weil Mannschaft und Vereinsbosse ihm blind vertrauen. Das Experiment Niko Kovač ist gewagt.

München/Wien. Noch vor sieben Monaten schien die Saison des FC Bayern in einem Desaster zu enden. In der Bundesliga nach durchwachsenen Leistungen nur auf Platz drei liegend, setzte es in der Champions-League-Gruppenphase bei Paris SG eine 0:3-Abfuhr. Der FC Bayern, er war bloß ein Schatten seines eigenen Denkmals, also handelten die Vereinsbosse. Carlo Ancelotti wurde entlassen, Jupp Heynckes aus der Fußball-Pension geholt.

Mit Heynckes kehrte der Erfolg zurück an die Säbener Straße. Mittlerweile sind die Bayern, wieder einmal, vorzeitig Meister. 20 Punkte Vorsprung bei vier noch ausständigen Spielen lassen keine Fragen offen, zudem zog man am Dienstag durch ein 6:2 bei Leverkusen ins Pokalfinale ein – und trifft ausgerechnet auf die von Heynckes-Nachfolger Niko Kovač trainierten Frankfurter (1:0 gegen Schalke).

Und während sich das hochgelobte Paris längst aus der Königsklasse verabschiedet hat, träumen die Münchner nun vom Triple. Der Vater des Erfolgs ist schon eher ein Großvater, in drei Wochen wird Jupp Heynckes 73 Jahre alt. Mit Saisonende wird er sich endgültig in den Ruhestand verabschieden. Hätte es eine Chance gegeben, den Trainerveteran nochmals umzustimmen, die Bayern-Granden hätten ihm wohl einen Vertrag auf Lebenszeit angeboten.

Heynckes genießt auf allen Ebenen dieses Vereins höchstes Vertrauen. Er spricht die Sprache von Präsident Uli Hoeneß und jene von Franck Ribéry. Das ist ein seltenes Kunststück, das Ancelotti trotz seiner beeindruckenden Vita nicht gelungen ist.

Dass eine vor wenigen Monaten noch totgeglaubte Mannschaft innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit wieder derart gut funktionieren kann, ist nicht nur höchst erstaunlich, sondern belegt letztlich nur die wahre Bedeutung des Trainers im Verein. Unter dem in sich ruhenden, aber stets bestimmt auftretenden Heynckes haben die Bayern den Glauben an ihre Fähigkeiten wiedergefunden, auf dem und abseits des Platzes strahlen die Münchner Selbstvertrauen aus. Vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid kommende Woche tönte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schon wieder: „Wenn einer Real schlagen kann, dann ist es der FC Bayern.“

Anforderungsprofil

Wird Heynckes' Abschied tatsächlich vom Triple begleitet, macht das die Aufgabe für seinen bereits feststehenden Nachfolger noch komplizierter, als sie sich ohnehin schon darstellt. Es liegt in der Natur der Sache, an Errungenschaften aus der Vergangenheit gemessen zu werden, insofern steht Neo-Bayern-Coach Niko Kovač ab Sommer womöglich vor einer Herkulesaufgabe. Kovač nimmt als aktueller Fußballlehrer der Frankfurter Eintracht auf Deutschlands Trainer-Thron Platz – und kann gerade einmal auf zwei Jahre Bundesligaerfahrung verweisen. Frankfurt ist für den 46-Jährigen die erste Vereinsstation als Cheftrainer überhaupt, zuvor coachte er die Nationalmannschaft Kroatiens (2013 – 2015). Die Champions League kennt Kovač nur als Spieler, was also sprach dafür, dass Kovač der Herausforderung FC Bayern gewachsen sein könnte?

Laut Sportdirektor Hasan Salihamidžić kennt sein ehemaliger Mitspieler „die Bayern-DNA“, sei als Exprofi der Münchner (2001 – 2003) für den Job geeignet. Wenn dieses Argument tatsächlich das ausschlaggebende ist, dann war es wohl noch nie einfacher, Trainer des FC Bayern zu werden.

Kovač, diesen Beigeschmack hat seine Bestellung, ist nicht die optimale Lösung, aber die aus Münchner Sicht beste, die gegenwärtig zu realisieren war. Thomas Tuchel, Ralph Hasenhüttl, Julian Nagelsmann: Egal, wer sich im Trainer-Talon befunden hat, alle sind aus diversen Gründen ausgeschieden. Insofern ist Kovač ein gewagtes Experiment.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Niko Kovac und der DFB-Pokal
Fußball

Kovac fordert mit Frankfurt Bayern im Cup-Finale

Niko Kovac, der ab Sommer die Münchner betreuen wird, feierte mit seiner Mannschaft einen 1:0-Sieg bei Schalke.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.