Bangen um Alex Ferguson: Die Eminenz der "Roten Teufel"

Alex Ferguson, Stammgast bei jedem Manchester-Spiel.
Alex Ferguson, Stammgast bei jedem Manchester-Spiel.(c) APA/AFP/BEN STANSALL
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Manchester United Trainer-Ikone, 76, wurde nach einer Gehirnblutung notoperiert und liegt auf der Intensivstation. Ex-Spieler sowie Gegner twittern und beten.

Manchester. Kaugummis hatten es niemals leicht bei Alex Ferguson. Mit unaufhaltsamer Kraft zermalmte sie der Fußballtrainer während eines Spiels. Der Schotte lebte jeden Spielzug an der Seitenlinie intensiver mit als manch Auswechselspieler. Seine Hände zitterten, wenn Manchester United wichtige Spiele, etwa das Champions-League-Finale 2011 (1:3 gegen Barcelona) verlor. Er galt als Fixgröße dieser schnelllebigen Branche, führte Aberdeen und die „Red Devils“ zu ungeahnten Erfolgen, entdeckte Stars wie David Beckham – und deshalb bangt nun das ganze „Mutterland des Fußballs“ um den Trainer-Sir.

Samstagabend wurde Ferguson, 76, nach einer Gehirnblutung im Salford Royal Hospital notoperiert. Das gab United mit einer Aussendung bekannt. Die Operation sei „sehr gut verlaufen. Aber er braucht intensive Pflege, um seine Genesung zu optimieren.“ Die Familie bitte Öffentlichkeit, vor allem aber die Medien um Privatsphäre, hieß es. Es herrschen trotzdem landesweit Rätselraten und Betroffenheit.

Carrick: „Sei stark, Boss!“

Michael Carrick, der aktuelle Kapitän von United, reagierte auf Twitter bestürzt: „Ich bin am Boden zerstört. Alle meine Gedanken und Gebete sind bei ihm und seiner Familie. Sei stark, Boss!“

Noch am vergangenen Sonntag hatte der mit 49 Trophäen erfolgreichste Coach der britischen Fußball-Geschichte den scheidenden Arsenal-Boss Arsène Wenger im Old Trafford geehrt und in bester körperlicher Verfassung feierlich verabschiedet. Auch Wenger twitterte: „Wir denken an Sie, Sir Alex. Werden Sie schnell gesund.“

Ferguson ist beim englischen Rekordmeister eine beispiellose Größe. In diesem Stadion gibt es sogar eine eigene Tribüne, die nach ihm benannt worden ist, Hier hat er als „Graue Eminenz“ nebst Bobby Charlton weiterhin hinter den Kulissen das Sagen. Keine Trainerentscheidung läuft ohne seinen Sanktus. Auch José Mourinho soll, diversen Medienberichten zufolge, sein Einverständnis benötigt haben . . .

Mythen und solche Legenden verleihen Englands Klubfußball seine Popularität. Aber, es sind Protagonisten der alten Schule wie Ferguson, die diesem Spiel Ordnung und System verliehen, den gepflegten „Kick 'n Rush“ ausgemustert und die Premier League zu diesem Geschäft gemacht haben, das es heute ist. Alles, ohne jemals ihre Liebe zum Spiel verkauft zu haben. Ferguson war zuletzt sogar noch Stammgast auf dem Trainingsgelände. Nicht bei den Profis, sondern bei der Nachwuchsabteilung der „Red Devils“.

Taktiker aus Aberdeen

Begonnen hatte Ferguson seine einzigartige Laufbahn in seiner Heimat. Mit dem krassen Außenseiter FC Aberdeen sorgte er 1983 erstmals weltweit für Schlagzeilen. Der 2:1-Coup im Cupsieger-Cup-Endspiel gegen Real Madrid ging in die Annalen ein.

Nach einem WM-Intermezzo mit Schottlands Nationalteam wechselte er im November 1986 zu United und prägte bis zu seinem Rückzug 2013 die zweite goldene Ära seit der Matt-Busby-Epoche. Mit der Generation um Größen wie Roy Keane, Ryan Giggs, den Neville-Brüdern Phil und Gary, Peter Schmeichel, David Beckham, Paul Scholes und Wayne Rooney dominierte Ferguson den europäischen und englischen Fußball nach Belieben.

Der Ritterschlag

Unvergessen sind auch seine Pressekonferenzen in Graz, als Sturm Gegner in der Champions League war. Manch einer verstand kein Wort seines flott gemurmelten Englisch mit schottischem Tiefgang. Nachgefragt wurde nicht, aus Anstand, wohl auch aus Ehrfurcht vor dem 1999 von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagenen „Sir“.

United gewann in seiner Amtszeit zweimal die Champions League, tatsächlich 13 Premier-League-Titel, fünf FA-Cups, viermal den Liga-Cup, den Cupsieger-Cup und die Klub-WM. 1999 gelang ihm das Triple aus Meisterschaft, Königsklasse (das epische 2:1 gegen Bayern München) und FA Cup.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2018)

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