Die „Königlichen“ in ihrem Revier

(c) Die Presse
  • Drucken

Champions League. Real Madrid spielt gegen Liverpool um den dritten Titel in Folge. Routine und Statistik sprechen für die Spanier, die unter Erfolgstrainer Zidane unberechenbar auftreten.

Kiew/Wien. Die Königsklasse und die „Königlichen“, das passt nicht nur des Namens wegen zusammen. Real Madrid spielt am Samstag (20.45 Uhr, live auf ORF eins, ZDF, Sky) in Kiew gegen Liverpool um den dritten Champions-League-Sieg in Folge. Die Spanier haben im Vorjahr als erster Klub den Titel verteidigt; öfter gewonnen (zwölf Mal inklusive Meistercup) hat den prestigeträchtigsten Europacupbewerb ohnehin keiner. Real ist mit Barcelona und Porto der am häufigsten gesehene Gast in der 1992 eingeführten Champions League, bei 23 Teilnahmen wurde sechsmal das Endspiel erreicht – und dann auch der Pokal gestemmt.

Genau diese Erfahrung könnte gegen Liverpool den Ausschlag geben, denn die Madrilenen sind die weitaus routiniertere Mannschaft. Zwölf Real-Spieler haben die Champions League dreimal oder öfter gewonnen, aufseiten Liverpools darf sich mit Emre Can ein einziger Spieler als CL-Sieger rühmen – und dieser jubelte 2013 ohne Einsatzminute für Bayern München. Abgebrüht präsentierte sich Real auch in dieser K.-o.-Phase, schaltete – mit ein wenig Zittern – mit Paris SG, Juventus und Bayern drei Landesmeister aus. „Sie sind aus Eis“, konstatierte „Reds“-Trainer Jürgen Klopp.

Nervenstark wie Ronaldo

Sinnbildlich für die Coolness des Titelverteidigers steht der höchst souverän verwandelte Elfmeter von Cristiano Ronaldo gegen Juve in der Nachspielzeit. Der portugiesische Superstar hält damit bei 15 Treffern (im Schnitt alle 72 Minuten) im laufenden Bewerb, womit ihm die Torjägerkrone zum dritten Mal in Folge schon jetzt so gut wie sicher ist. Für Ronaldo geht es um den bereits siebenten CL-Titel seiner Karriere, auch mit 33 Jahren ist er die Primaballerina im „Weißen Ballett“. „Mein biologisches Alter ist 23. Ich kann noch bis 41 spielen“, scherzte der Portugiese unlängst in einem Interview. Seinen auf sozialen Netzwerken zu bewundernden Modellkörper hält er mit speziellen isotonischen Getränken sowie einer proteinarmen und fischreichen Kost fit. Ein Gläschen Rotwein darf aber nicht fehlen, verriet der Chefkoch des portugiesischen Nationalteams.

Gerüchte um einen Abschied aus Madrid kommen immer wieder, Ronaldo sieht jedoch keinen Anlass für einen Wechsel. „Ich fühle mich geliebt, das ist das Wichtigste“, betonte der vierfache Vater, der sich keinen besseren Arbeitgeber vorstellen kann. „Für mich ist Real Madrid nach wie vor die beste Mannschaft der Welt.“

Sparefroh Zidane

Mastermind hinter dem historischen Erfolgslauf in Europa ist Zinédine Zidane. Der Ex-Profi sprang im Jänner 2016 ohne Erfahrung als Cheftrainer ein und sammelte bislang sieben Titel. „Seine Arbeit wird nicht genug wertgeschätzt. Hätte Pep Guardioladas geschafft, würden sie ihm zu Füßen liegen“, meinte der Engländer Steve McManaman, der sowohl bei Real Madrid als auch Liverpool gespielt hatte. Obwohl im internationalen Fußball so viel Geld wie nie fließt, ist das einst als Galacticos bekannte Real unter Zidane zum Sparverein avanciert: In seiner Amtszeit wurden insgesamt nicht einmal 100 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben – Neymar könnte das im Sommer ändern . . .

Kritiker werfen Zidane vor, keine eindeutige Handschrift zu haben, andere sehen genau in dieser Unberechenbarkeit der Mannschaft die wahre Stärke. „Ich bin taktisch nicht der beste Trainer, aber ich habe andere Qualitäten: Leidenschaft und Hoffnung. Das zählt viel mehr“, betonte der Franzose, der abseits des Fußballplatzes ein zurückgezogenes Leben führt. Der Zuspruch innerhalb der Mannschaft ist jedenfalls groß. „Zidane hat das richtige Einfühlungsvermögen für eine derartig komplizierte Kabine“, schwärmte etwa Kapitän Sergio Ramos.

Am Samstag könnte Zidane den nächsten Meilenstein seiner Karriere schaffen und wie zuvor nur sein Lehrmeister Carlo Ancelotti zum dritten Mal die Champions League gewinnen. Der Hunger nach Trophäen sei nie gestillt. „Wir sind Real. Wir wollen immer mehr“, hielt der Coach fest.

Real und Liverpool treffen in Kiew zum sechsten Mal im Europacup aufeinander. Das letzte Finalduell ist den „Reds“ in bester Erinnerung: 1981 triumphierten über die Engländer im Meistercup 1:0.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Liverpool v AS Roma UEFA Champions League Semi Final First Leg Anfield Liverpool manager Jur
Fußball

"Kloppo-Historie": Liverpools Leitfaden zum Erfolg

Mit Trainer Jürgen Klopp erlebt Liverpool eine Renaissance, wenngleich der Deutsche noch keinen Titel gewonnen hat, herrschen Euphorie und Zuversicht an der Anfield Road. Was geschieht, wenn er am Samstag mit den "Reds" die Champions League gewinnt?
Kiews neuester Schmuck unter Kirchtürmen: ein Nachbau der Champions-League-Trophäe.
Fußball-International

Englands neuer Fußballtraum

Erst das Champions-League-Finale mit Liverpool, dann die WM in Russland mit den Three Lions: Auf Alexander-Arnold und Jordan Henderson warten zwei Herausforderungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.