Fußball: Der Brexit, ein britisches Eigentor

Rund fünf Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens herrscht Unruhe im englischen Fußball.
Rund fünf Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens herrscht Unruhe im englischen Fußball.(c) Action Images via Reuters (MATTHEW CHILDS)
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Klubs der englischen Premier League fürchten, durch die Folgen des Brexit arg an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Die Kluft innerhalb der Liga dürfte noch größer werden.

London. Rund fünf Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens herrscht Unruhe im englischen Fußball – und Unklarheit, wie es nach dem 29. März 2019 weitergeht. „Nach zweieinhalb Jahren weiß ich immer noch nicht, ob es gut oder schlecht wird“, sagt Mauricio Pochettino, Trainer des Londoner Klubs Tottenham Hotspur. Die Folgen für die Premier League sind schwer abzusehen. Pochettino und andere Verantwortliche befürchten, dass es nach dem Brexit schwieriger wird, Spieler aus dem Ausland zu verpflichten – vor allem dann, wenn sich Großbritannien und die EU nicht auf ein Abkommen einigen.

Damit könnte auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der englischen Vereine in Gefahr geraten. Derzeit kann jeder Fußballer aus einem EU-Land uneingeschränkt für jeden Premier-League-Klub spielen. Für die Verpflichtung von Spielern, die aus Ländern außerhalb der Europäischen Union stammen, gelten hingegen strenge Auflagen. Für eine Arbeitserlaubnis braucht der Spieler die Zustimmung des nationalen Fußballverbands FA.

Voraussetzung für diese Arbeitserlaubnis ist, dass der Profi, vereinfacht gesagt, ein etablierter Nationalspieler ist. Die FA orientiert sich bezüglich der Einsatzzeiten an der Fifa-Rangliste der Nationalteams. Von einem Profi Venezuelas, das Platz 29 belegt, werden danach mehr Einsätze verlangt als von einem Spieler Brasiliens, das derzeit Dritter der Fifa-Weltrangliste ist.

Dieselben Regeln könnten in Zukunft für alle nicht britischen Profis gelten, sehr zum Missfallen der Liga. Schon im vergangenen Jahr forderten die Klubbesitzer der Premier League nach einem gemeinsamen Treffen die britische Regierung auf, den Fußballwettbewerb vor drohendem Schaden zu bewahren. Es müsse nach dem Brexit Ausnahmen geben, damit Spitzenfußballer auch in Zukunft nach England wechseln.

„Es muss eine vernünftige Basis geben, auf der Weltklassespieler in die Premier League kommen, aber nicht Legionäre, die junge englische Talente verdrängen“, sagte FA-Präsident Greg Clarke. Clarke hofft, dass die englische Nationalmannschaft davon profitiert, wenn langfristig weniger mittelmäßige Spieler nach England kommen. An Ausnahmen scheint er wenig Interesse zu haben.

Finanziell schwächer gestellte Vereine wie etwa Huddersfield Town mit dem deutschen Trainer David Wagner müssten sich umstellen. Den Terriers war 2017 mit mehreren früheren deutschen Zweitligaprofis der Aufstieg und im ersten Jahr Premier League der Klassenerhalt gelungen. Dass Leistungsträger wie Christopher Schindler oder Chris Löwe nach den in Zukunft drohenden Regelungen eine Arbeitserlaubnis bekommen hätten, darf bezweifelt werden. Dasselbe gilt für einige der Spieler, die 2016 mit Leicester City die Meisterschaft gefeiert haben.

Der Autounfall Brexit

Das Ende der Bewegungsfreiheit macht es „sehr viel schwieriger, talentierte Spieler zu holen“, fürchtet Mike Garlick, Präsident des FC Burnley. „Es droht die wachsende Ungleichheit in unserer höchsten Spielklasse noch zu verschlimmern.“ Trainer Jürgen Klopp vom FC Liverpool hatte im Frühjahr im „Guardian“ seine Hoffnung auf ein zweites Brexit-Referendum geäußert. „Lasst uns das noch einmal durchdenken“, sagte er.

Ähnlich klang das zuletzt auch bei Pochettino. „Wenn die Politiker merken, dass es hart und schlecht für England wird, warum drehen wir nicht um?“, sagte er. „Sonst ist es so, als würde man nicht bremsen, obwohl man kurz davor ist, einen Autounfall zu verursachen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2018)

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