Rapid plagen Sorgen nach dem 1:6-Debakel im Derby, Inter Mailand ist ein Trostpflaster. Der Polizeieinsatz jedoch polarisiert, Klubchef Krammer kritisiert „fehlende Verhältnismäßigkeit“.
Wien. Inter Mailand also. Damit ging für Rapid der Weihnachtswunsch nach einem großen, nicht spanischen Gegner im Sechzehntelfinale der Europa League in Erfüllung. FC Internazionale ist 18-facher Meister der Serie A, gewann 2010 die Champions League. Unvergessen bleibt das Duell (2:1, 1:3) aus dem Jahr 1990, damals spielte Dietmar Kühbauer selbst noch mit. Spieltermine sind der 14./21. Februar, Rapid hat zuerst Heimrecht.
Doch das ist Zukunftsmusik in Hütteldorf. Aktuell sorgen die Folgen des 328. Derbys für Kopfzerbrechen. Die 1:6-Niederlage, die höchste seit Gründung der Bundesliga 1974, bringt Grün-Weiß in die Bredouille. Rapid fehlen sechs Punkte auf den Sechsten, Sturm Graz, Austria und WAC haben sieben Zähler mehr – und bis zur Teilung der Tabelle im März 2019 gibt es nur noch vier Runden.
Sogar eine Rauchgranate
Das Debakel war allerdings nicht die einzige Negativmeldung. Vor dem Spiel warfen Fans auf dem Weg ins Stadion laut Polizeiangaben pyrotechnische Gegenstände, Dosen und Schneebälle auf die Südosttangente, die vorübergehend sogar gesperrt wurde. 1338 Anhänger wurden neben der A23 bis 21.55 Uhr festgehalten, deren Identität festgestellt. Heißgetränke, Decken und der Gang auf die Toilette sollen verwehrt worden sein.
Der Rapid-Sektor blieb folglich leer. Dass alle Fans „zum Handkuss“ kamen, stieß bei der Klubführung auf Unverständnis. Die Polizei legte später Fotos der sichergestellten Pyrotechnik vor, darunter fand sich sogar eine Rauchgranate polnischer Herkunft. Sie dient militärischen Zwecken, gilt in Österreich als „Sprengmittel“.
1338 Fans, eine Festnahme
Irritierend blieben alle Erklärungsversuche. Die „Rechtshilfe Rapid“ erhob schwere Vorwürfe: „Die Verhältnismäßigkeit war nicht gegeben“, klagte Vorstandsmitglied Helmut Mitter. 17 Personen sollen stationär behandelt worden sein. Es gab eine verwaltungsrechtliche Festnahme und eine Anzeige wegen Gemeingefährdung.
Mitter erklärte, dass man Informationen einholen und „Maßnahmenbeschwerde“ gegen diese Polizeiaktion einbringen werde. Auch SCR-Präsident Michael Krammer empörte sich: „Ich habe als ehemaliger Offizier des Bundesheers Verständnis für rechtsstaatliche Prinzipien. Was ich am Sonntag erlebt habe, hätte ich aber in Österreich nicht für möglich gehalten. Hier war keinerlei Verhältnismäßigkeit gegeben, Menschen über Stunden bei Minusgraden einer solchen Situation auszusetzen halte ich für skandalös.“
Manch einer betrachtete diese Polizeiaktion als Reaktion auf unzählige Provokationen seitens des Blocks West. Zuletzt im Spiel gegen Glasgow (13. 12.) protzte die Gruppierung mit einer Choreografie und den Ziffern 1312. Angelehnt an das Alphabet: ACAB, All Cops Are Bastards. Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl entgegnet: „Gewalt hat auch beim Fußball nichts verloren. Die Wiener Polizei ist dieser entschieden entgegengetreten. Ich erwarte, dass der Verein gegen alle gewaltbereiten Fans, soweit sie bekannt sind, mit Stadionverboten vorgeht.“ (fin)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2018)