Argentinien muss mehr als Messi sein

Argentinien kann nicht nur auf Lionel Messis Tore setzen, auch Sergio Agüero muss für Tore sorgen.
Argentinien kann nicht nur auf Lionel Messis Tore setzen, auch Sergio Agüero muss für Tore sorgen. (c) APA/AFP/YURI CORTEZ (YURI CORTEZ)
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Gruppe D. Nach dem enttäuschenden Start ist die Albiceleste gefordert – auch den Druck auf mehrere Schultern zu verteilen.

Nischni Nowgorod/Wien. Lionel Messi ist nicht zu beneiden. Sein verschossener Elfmeter beim 1:1 gegen Island hat nicht nur Argentinien, sondern vor allem ihn selbst unter Druck gesetzt. Jede Regung auf dem Platz, jede Äußerung des Superstars wird in der Heimat analysiert und diskutiert, es gibt kein anderes Thema mehr. Und immer schwingt dabei der Vorwurf mit, dem Barcelona-Star wäre das Nationalteam nicht ganz so wichtig wie der Klub.

Angesichts der Kritik der letzten Tage fühlte sich sogar Mama Messi, Celia Cuccittini, dazu bemüßigt, öffentlich klarzustellen: „Wir leiden sehr darunter, wenn sie sagen, dass er nicht mit dem argentinischen Team mitfühlt, dass er aus Verpflichtung mitspielt, denn das ist nicht so.“ Messi ging bereits mit 13 nach Spanien und war damit im Gegensatz zu Sergio Agüero, Javier Mascherano oder Gonzalo Higuaín nie in der argentinischen Liga zu bewundern. Um seinen Platz in den Herzen der Fans muss er deshalb kämpfen, allen Erfolgen in Europa zum Trotz.

Messi machte gegen Island ein schwaches Spiel, ließ Genieblitze und geniale Pässe vermissen, doch hängt ein Sieg gegen technisch biedere Inselkicker wirklich von einem Superstar allein ab? Sollten nicht auch Fußballer der Klasse von Agüero (Manchester City), Ángel Di María (PSG) oder Joker Higuaín (Juventus) für die Entscheidung sorgen können?

Argentinien hatte gegen Island mehr als ein Messi-Problem, dennoch dürfte Teamchef Jorge Sampaoli heute gegen Kroatien zwar auf eine Dreierkette umstellen, aber auf denselben Offensivverbund setzen. Mauro Icardi (29 Tore für Inter) hat der 58-Jährige freiwillig zu Hause gelassen, mit Paulo Dybala schmorte ein anderer Trumpf zum Auftakt 90 Minuten auf der Bank. Es ist vielleicht Sampaolis größtes Versäumnis, „La Joya“, das Juwel, nicht in die Mannschaft integriert zu haben.

Das Juwel vorzeigen

Dybala erzielte vergangene Saison 26 Tore für Juve und ist mit einem Marktwert von 110 Mio. Euro der zweitwertvollste Spieler im Kader. Wie Messi ist er flink, wendig und mit einem begnadeten linken Fuß gesegnet, nicht wenige sehen ihn als legitimen Nachfolger. Als er einst bei seinem Startelfdebüt für die Albiceleste mit Gelb-Rot vom Platz flog, konnte erst der Masseur ihn trösten. Dieser erinnerte ihn, dass auch Messi im ersten Spiel ausgeschlossen worden war. Sonst hört der 24-Jährige aus Laguna Larga Vergleiche mit dem fünfmaligen Weltfußballer nicht so gern: „Er ist ein großartiger Spieler. Aber er ist Messi, ich bin Paulo.“

Für Sampaoli aber scheint im Team nur Platz für einen Freigeist vom Typ Messi zu sein. Nur viermal stand Dybala in der WM-Qualifikation in der Startelf, dreimal davon gemeinsam mit dem Barcelona-Star – es reichte nur zu einem Sieg. „Natürlich können wir gemeinsam spielen“, betonte Dybala in Russland, er wolle Messi unterstützen. „Er ist der Erste, der die Situation ändern will, und wir sind alle hier, um ihm zu helfen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2018)

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