Kroatien: Das Gefühl der Unbesiegbarkeit

APA/AFP/FRANCK FIFE
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Kroatien wird auf einer Welle der Euphorie bis zum WM-Titel getragen.

Kroatien hat bei der WM in Russland bislang unbekannte Sphären erreicht. Zum ersten Mal stehen „Die Feurigen“ in einem großen Endspiel. Vorbei sind die Zeiten, in denen bei jedem Turnier bloß an die glorreiche Vergangenheit erinnert wurde.

1998, bei der WM in Frankreich, hatte Kroatien mit dem Einzug ins Halbfinale und Platz drei Historisches geschafft, seitdem genießen Šuker, Prosinečki und Co. Heldenstatus. 20 Jahre später hat sich die nächste goldene Generation angeschickt, ihre eigene, erfolgreichere Geschichte zu schreiben. Schon öfter galt Kroatien in der Vergangenheit als Mitfavorit, doch meist hagelte es Enttäuschungen. In Russland qualifizierte sich das Team erstmals seit Frankreich 1998 wieder für die K.-o.-Phase einer Weltmeisterschaft und scheint nun sogar reif für die Titelpremiere.

Keine andere Mannschaft in Russland verfügt über so viel Klasse und Kreativität im Mittelfeld wie Kroatien. Luka Modrić (32 Jahre, Real Madrid), Ivan Rakitić (30 Jahre, FC Barcelona) und Ivan Perišić (29 Jahre, Inter Mailand) führen die illustre Reihe an begnadeten Mittelfeldakteuren an, und jeder einzelne von ihnen ist jederzeit in der Lage, das WM-Finale allein zu entscheiden. An vorderster Front ist Mario Mandžukić ein Erfolgsgarant. Der 32-jährige Stürmer öffnete Kroatien mit seinem 2:1-Treffer in der Verlängerung gegen England das Tor zum Finale, wo seine Routine und Kaltschnäuzigkeit auch gegen Frankreich ein entscheidender Trumpf sein könnten. Den direkten Vergleich mit dem bei der WM bisher völlig glücklosen Olivier Giroud (FC Chelsea) gewinnt Mandžukić jedenfalls allemal.


Aufstieg eines No-Names. Nicht nur auf dem Rasen, auch auf der Trainerbank scheint Kroatien ein Ass zu besitzen, denn in den vergangenen Wochen ist auch der Stern des Zlatko Dalić aufgegangen. Dalić war vor dieser Weltmeisterschaft international ein nahezu unbeschriebenes Blatt, arbeitete zunächst für Klubs in Kroatien und Albanien, später in Saudiarabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dass der 51-Jährige einen späteren WM-Finalisten trainieren würde, schien vor nicht einmal zwei Jahren noch völlig illusorisch. Erst im Oktober 2017 übernahm er das Teamchef-Amt von Ante Čačić, dem ein 1:1 gegen Finnland den Job kostete. Dalić einte die Mannschaft wieder, führte sie hinter Gruppensieger Island ins Play-off gegen Griechenland (Gesamtscore 4:1) und letztlich zur WM.

Kroatien wird seit dem 3:0-Sieg gegen Argentinien im zweiten Vorrundenspiel von einer Welle der Euphorie durch das Turnier getragen, im Vier-Millionen-Einwohner-Land herrscht Ausnahmezustand. „Wir spüren diese spezielle Energie“, sagt Modrić. Außerdem fühlen sich die Kroaten unbesiegbar, alle drei Spiele in der K.-o.-Phase gingen über 120 Minuten, zwei wurden im Elfmeterschießen gewonnen. Und als Außenseiter haben sie im Finale nichts zu verlieren.

Aufstellung: Šubasic; Vrsaljko, Vida, Lovren, Strinić; Rakitić, Brozović; Rebić, Modrić, Perišić; Mandžukić.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2018)

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