Golf: 1.000.000 Euro für Bernd Wiesberger

Golf 1000000 euro
Golf 1000000 euro(c) AP (Francisco Seco)
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Als erster österreichischer Golfprofi knackte Bernd Wiesberger die Grenze von einer Million Euro Preisgeld. Mit der "Presse am Sonntag" spricht er über sein Erfolgsjahr und die nächsten Karriereschritte.

Am Ende genügte Bernd Wiesberger beim Turnier in Singapur ein 24. Platz, um Golfgeschichte zu schreiben. Als erster Österreicher durchbrach der 27-jährige Burgenländer die Preisgeldmarke von einer Million Euro und krönte damit seine Erfolgssaison. Ein Meilenstein, der für Wiesberger selbst nur von untergeordneter Bedeutung ist. „Mit geht es nicht darum reich zu werden, sondern sportliche Erfolge zu feiern. Letzte Woche ist mein erster Siegerpokal aus Korea angekommen, das war für mich viel emotionaler“, erklärt Österreichs Nummer eins im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Außerdem dürfe man sich nicht von der nackten Zahl blenden lassen, schließlich koste eine Saison alleine an Spesen rund 200.000 Euro. Zu den Reisen und Hotels kommen noch Steuern, Trainer und Caddie erhalten nicht nur ein Fixum, sondern sind auch an den Prämien beteiligt.

Den ersten Höhepunkt erreichte Wiesbergers Erfolgsjahr im April, als er sich in Korea mit dem Gewinn des Ballantine's Championship als dritter Österreicher nach Markus Brier und Martin Wiegele in die Siegerliste der European Tour eintrug. Nicht minder emotional war der Triumph beim Heimturnier in Atzenbrugg im Juli. Bei seinem ersten Major verpasste Wiesberger zwar den Cut, weitere gute Resultate – darunter vier Top-Ten-Plätze – katapultierten ihn aber mit dem Jahresgewinn von exakt 1.024.698 Euro im Race to Dubai, der Preisgeldrangliste der European Tour, auf Rang 18. Damit qualifizierte er sich als erster Österreicher für das seit 2009 ausgetragene Saisonfinale, dem Dubai World Championship. Im Emirat messen sich die 60erfolgreichsten Golfer, die Top 15 teilen sich 7,5 Millionen Dollar Prämie.

In der Weltrangliste liegt Wiesberger auf Platz 64, noch vor zwei Jahren konnte er davon nur träumen. 2009 machte er die bislang wohl bitterste Erfahrung seiner Karriere. Nach einer verkorksten ersten Saison war die Tour-School die letzte Chance auf eine Spielberechtigung für das nächste Jahr. Nach verheißungsvollem Auftakt reichte es im Finale in Spanien jedoch nur zum 58. Platz, die Rückstufung auf die Challenge Tour wurde zur Realität. „Das war hart, hat mir aber sehr viele Erkenntnisse gebracht und mir meine eigenen Stärken und Schwächen aufgezeigt“, erinnert sich Wiesberger, der schon seit Jugendtagen über einen weiten Abschlag verfügt und nun auch im kurzen Spiel überzeugt. Doch Zweifel an der Profikarriere wollten beim HAK-Absolventen selbst damals nicht aufkommen: „Ich war immer von meinem Können überzeugt, hatte ein klares Ziel vor Augen und habe mich deshalb nicht zu sehr mit Plan B beschäftigt. Das hätte mich mental eher blockiert.“


Bodenhaftung. Wiesberger sollte recht behalten, denn Plan A ging auf. Die Bodenhaftung hat der 27-Jährige nach seinem Erfolgslauf jedoch nicht verloren. „Ein kleines Geschenk habe ich mir nach der Saison schon gemacht. Das habe ich mir aufgrund der harten Arbeit, die dahintersteckt, verdient. Sonst hat sich eigentlich nichts geändert“, sagt Wiesberger. „Hin und wieder erkennen mich Leute auf der Straße, aber ich werde nicht von kreischenden Fans belagert.“ Starallüren seien in der Golfszene ohnehin ein Fremdwort. „Ein Tiger Woods muss sich natürlich etwas abkapseln, um den Fokus nicht zu verlieren. Aber auch er ist ein ganz normaler Mensch, mit dem man sich im Klubhaus ganz locker unterhalten kann“, erzählt Wiesberger von dem US-Star, der in seiner Karriere bereits über 100 Millionen Dollar gewonnen hat. Dass sich sein eigenes Standing geändert hat, merkt der Burgenländer vor allem daran, dass er bei Turnieren nun stets in die Topflights gelost wird.

Für 2013 hat sich Wiesberger den Vorstoß unter die besten 50 der Weltrangliste zum Ziel gesetzt, das würde die Teilnahme an allen Majors ermöglichen. „Das ist mit Sicherheit mein bislang höchstgestecktes Ziel, dafür muss ich natürlich an die guten Leistungen aus diesem Jahr anschließen.“ Die Punkte dafür will Wiesberger möglicherweise zum Teil auch auf der US-Tour sammeln. „Ich habe erste Kontakte geknüpft und werde im Dezember einmal ein Monat in den USA trainieren.“ Unmittelbares Ziel aber sei ein Top-20-Platz in Dubai und damit die Qualifikation für die World Finals 2013.

Auch abseits der Turniere verbringt Wiesberger viel Zeit auf dem Golfplatz, bis zu acht Stunden dauert ein Trainingstag. Neben den Einheiten auf Driving Range, Putting und Chipping Green kommt vor allem den Trainingsrunden auf dem jeweiligen Platz eine große Bedeutung zu. „Was für die Skifahrer der Schnee, ist für uns das Gras. Dickere oder dünnere Halme, das sind die Nuancen, die im Spitzensport den Unterschied ausmachen.“ Im mentalen Bereich verlässt sich Wiesberger auf seine innere Überzeugung, die er als seine vielleicht größte Stärke beschreibt. „Ich weiß, dass ich jedes Turnier gewinnen kann. Früher hatte ich einen Mentaltrainer, aber das hat für mich nicht ganz gepasst. Ich bin eher ein Learning-by-Doing-Typ, schaffe es auch aus Misserfolgen Kraft zu schöpfen“, sagt der 27-Jährige. Dass es nach guten Platzierungen im Vorjahr heuer mit dem endgültigen Durchbruch geklappt habe, sei aber auch eine Frage der Erfahrung. „Je öfter du in der Situation bist, ein Turnier gewinnen zu können, desto sicherer und ruhiger wirst du beim nächsten Mal.“


Entwicklungshilfe. Mit seinen Siegen hofft Wiesberger dem Golfsport in Österreich zu mehr Popularität zu verhelfen. Dazu müsse auch mit einem gängigen Vorurteil abgeschlossen werden. „Mit Pensionistensport hat Spitzengolf wenig zu tun. Der Sport wird immer jünger und moderner, das sieht man am Alter der Turniersieger.“ Der Verband leiste gute Nachwuchsarbeit, befinde sich auf dem richtigen Weg. „Es gibt genug Junge mit Potenzial, aber der Weg auf die Tour ist hart und mit Entbehrungen verbunden“, weiß Wiesberger um die Schwierigkeiten.

Österreichs Nummer eins ist auch das Aushängeschild des „Gold in Rio“-Projekts des ÖGV, denn 2016 werden im Golf wieder olympische Medaillen vergeben. Noch stehen weder Qualifikations- noch Spielmodus fest, für Wiesberger ist die Olympiateilnahme dennoch ein großes Ziel. „Ich war und bin immer stolz, mein Land auf internationaler Bühne vertreten zu dürfen und hoffe, dass wir Golfer Österreich 2016 eine Medaille bescheren.“ Bis dahin hat Wiesberger allerdings noch genug Zeit, seine Erfolgsgeschichte auf der Tour weiterzuschreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2012)

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