Ex-Radprofi: "Doping als Alltag wie der Teller Nudeln"

Bernhard Kohl mit Stefan Schumacher 2008
Bernhard Kohl mit Stefan Schumacher 2008EPA/NICOLAS BOUVY
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Stefan Schumacher, lange Zimmerkollege von Bernhard Kohl, gestand und belastete Ex-Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer schwer.

Der deutsche Radprofi Stefan Schumacher hat jahrelanges Doping zugegeben und dabei auch seinen damaligen Teamchef Hans-Michael Holczer schwer belastet. In einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sagte der zweifache Etappensieger und Träger des Gelben Trikots bei der Tour de France 2008: "Ich habe EPO genommen, auch Wachstumshormon und Kortikosteroide." Schumacher war beim Radrennstall Gerolsteiner Zimmerkollege des Niederösterreichers Bernhard Kohl, der seine aktive Karriere nach einem Dopinggeständnis im Oktober 2008 beendet hatte.

Holczer, ehemals Chef des Gerolsteiner-Teams, habe nach Schumachers Aussagen vom Doping seiner Schützlinge gewusst. "Einen so laxen Umgang mit Medikamenten habe ich nur bei Gerolsteiner erlebt, und Holczer war darüber bestens im Bilde", betonte Schumacher. Der 31-Jährige fährt derzeit für das dänische Drittliga-Team Christina Watches unter Ex-Profi Michael Rasmussen, der unlängst umfassendes Doping gestand. "Dass er nichts vom Doping in seinem Team wusste, wie er behauptet, stimmt nicht", erklärte Schumacher in Richtung Holczer.

Holczer nur "nach außen der große Mahner"

Der Geschichts- und Mathematiklehrer, der in seiner Zeit bei Gerolsteiner in der Öffentlichkeit als aufrechter Anti-Doping-Kämpfer wahrgenommen worden war, habe laut Schumacher "nach außen den großen Mahner gegeben", intern habe sich "aber nie etwas geändert". Neben Schumacher waren auch Kohl, der Italiener Davide Rebellin und Lance Armstrongs ehemaliger Teamkollege Levi Leipheimer aus den USA während ihrer Zeit bei der Profimannschaft des Mineralwasser-Herstellers oder danach wegen Dopings aufgeflogen.

Der beschuldigte Holczer reagierte am Freitag auf dpa-Nachfrage gelassen. "Das ist alles vollkommen aus der Luft gegriffen und diskreditiert eine komplette Mannschaft. Ich werde mich nicht direkt zu den taktischen Anschuldigungen eines Herrn Schumacher äußern. Ihm steht ein Betrugs-Prozess vor dem Landgericht Stuttgart bevor. Das wird die Angelegenheit klären", sagte der frühere Teamchef des russischen Katjuscha-Rennstalls, der nun einen Beraterposten im russischen Radsport-Verband innehat. Holczer ist zum Schumacher-Prozess am 18. April acht Tage nach Beginn als Zeuge geladen.

Schumacher: "Habe mich in System eingefügt"

Schon mit Anfang 20 habe er begonnen, sich Spritzen zu setzen, bekannte Schumacher, der jahrelang Doping geleugnet hatte. "Ich habe mich in ein System eingefügt. Das macht mich nicht stolz, aber es war eben so", räumte er ein. "Doping wird zum Alltag wie der Teller Nudeln nach dem Training."

Während seiner Zeit beim Team Gerolsteiner von 2006 bis 2008 hätten die Teamärzte "zum Teil aktiv beim Dopen mitgemischt", erklärte Schumacher. Im Mannschaftsbus sei eine Vielzahl von Medikamenten transportiert worden. "Die meisten Sachen konnte sich jeder aus der Medikamentenbox nehmen. Das war völlig verrückt."

Schumacher war im Juli 2008 bei der Tour und danach bei Olympia in Peking die Einnahme des Blutdopingpräparats CERA nachgewiesen worden. Als Folge war der WM-Dritte von Stuttgart 2007 vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) bis 27. August 2010 gesperrt worden. Auch Österreichs gefallener Radstar Kohl war nach der Tour de France 2008, die er als Gesamtdritter und Gewinner der Bergwertung beendet hatte, ebenfalls bei Nachkontrollen positiv auf CERA, ein EPO-Präparat der dritten Generation, getestet und für zwei Jahre gesperrt worden.

(ag)

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