Nicole Trimmel: "Am Ende entscheidet der Wille"

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Über Augenkontakt und Körpersprache: Nicole Trimmel verteidigt heute im Rahmen einer Kickbox-Gala in Ötztal ihren 2009 eroberten Profi-WM-Titel. Ein "Presse"-Interview.

Die Presse: Sie verteidigen heute gegen die Finnin Anne Katas Ihren Profi-WM-Titel. Was geht Ihnen vor so einem Kampf durch den Kopf?

Nicole Trimmel: Vorrangig freue ich mich. Ab und zu hat es mich schon gerissen – diese Momente, in denen dir bewusst wird, was auf dich zukommt. Doch das zeigt mir, dass nicht nur der Körper, sondern auch der Geist bereit ist.

Wie genau studieren Sie Ihre Gegnerin?

Ich schaue mir Videos an und informiere mich über Grundsätzliches. Technisch ist sie nicht die Allerbeste, aber sie hält immer voll dagegen. Allerdings will ich mich nicht zu sehr darauf konzentrieren, denn jeder Kampf ist anders. Ich kämpfe auch nicht immer gleich. Es gibt eine Grundtaktik, alles andere ergibt sich im Ring.

Worauf achten Sie im Ring als Erstes?

Ich sage immer, der Kampf beginnt vor der ersten Runde. Ich suche stets den Augenkontakt zu meiner Gegnerin, denn die Körpersprache verrät viel. Überhaupt ist der mentale Aspekt ein wichtiger, ich meine, er macht 50 Prozent des Erfolgs aus. Wenn zwei Boxer gleich stark sind, dann entscheidet am Ende der größere Wille. Das trainiere ich auch gezielt mit Einheiten bei Maximalbelastung, um mich an meine Grenzen zu bringen.

2009 haben Sie den Titel vor 1000 Fans in Ihrem Heimatort Oslip gewonnen, jetzt kämpfen Sie in Tirol. Wie wichtig ist der Heimvorteil?

Während des Kampfes bin ich so fokussiert, dass ich nur einzelne Rufe höre. Damals habe ich erst im Video gesehen, wie toll die Stimmung war. Aber ich bin überzeugt, dass sich die positive Energie auf einen überträgt, auch wenn man nicht 100 Prozent mitbekommt.

Das Verletzungsrisiko blenden Sie hingegen wahrscheinlich bewusst aus.

Das darf man nicht in den Ring mitnehmen, das würde nur blockieren. Ein Skifahrer überlegt sich vor dem Start auf der Streif auch nicht, was in der ersten Kurve alles passieren kann – sonst kommt er nie unten an.

1999 sind Sie zum Kickboxen gekommen. Hätten Sie sich damals eine solche Karriere erträumt?

Ich war schon immer von Kampfsport fasziniert, und das Umfeld im Anfängerkurs hat mir sofort getaugt. Auch die Kombination aus Technik und Dynamik hat mir gefallen, aber an Wettkämpfe habe ich eigentlich nie gedacht. Mein Trainer hat mich dann für die Staatsmeisterschaften angemeldet, und ich habe gleich den ersten Kampf gewonnen. Der nächste ging zwar verloren, aber mein Erfolgshunger war geweckt.

Bekommen Sie trotz Ihrer Erfolge auch blöde Kommentare zu hören?

Bei Männern gibt es teilweise schon die Standardaussage: Aber mich könntest du nicht umhauen. Damit haben Sie natürlich recht, die Biophysik gewinnt immer. Ich erkläre ihnen dann, dass sie mich durch Kraft und Größe sehr wohl ausknocken könnten, mich dazu aber erst einmal treffen müssen. Die meisten Leute sind aber eher neugierig, weil Kickboxen nicht so alltäglich wie Fußball oder Tennis ist.

Was lässt sich im Kickboxen verdienen?

In Österreich kann man davon definitiv nicht leben, dafür habe ich meinen 30-Stunden-Job im Sportreferat Burgenland.

Haben Sie sich deshalb mit Blick auf Olympia 2012 im Boxen versucht?

Dazu wurde ich eher von meinen Trainern gedrängt. Die WM in China war eine spannende Erfahrung, die ich nicht missen möchte, aber der Zeitdruck war sehr groß. Viele haben als Kinder Olympia gesehen und wollen dann selbst einmal auf dem Stockerl stehen, das war bei mir nie der Fall. Ich habe damals schon Kung-Fu-Filme geschaut. Natürlich sind die Reaktionen ganz andere, wenn man von Olympia spricht, und auch die Förderungen sind besser. Dabei ist es letztlich doch nur eine rein sportpolitische Entscheidung, welche Sportarten olympisch sind.

Was treibt Sie eigentlich noch an? Gewonnen haben Sie schon alles.

Der Spaß. Solange der stimmt und es die Gesundheit zulässt, möchte ich noch zwei bis drei Jahre kämpfen. Natürlich suche ich mir inzwischen Turniere und Gegnerinnen aus. Nur zu gewinnen interessiert mich nicht mehr. Ein großes Ziel ist es, noch einmal ein Heim-Event wie 2009 aufzustellen. Das juckt mich richtig unter den Nägeln.

Auf einen Blick

Nicole Trimmel, 30, verteidigt heute im Rahmen einer Kickbox-Gala (ab 20 Uhr) in der Ötztaler Area47 den 2009 eroberten Profi-WM-Titel. Die Burgenländerin ist zudem sechsfache Weltmeisterin und zweifache Europameisterin bei den Amateuren.

Kickboxen ist eine Mischung aus Karate und Taekwondo, bei der neben gelungenen Fuß- und Handaktionen auch gesprungene Tritte zum Kopf und Körper zählen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2013)

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