Olympia badet im Jungbrunnen

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Innsbruck hofft auf den Zuschlag für die Premiere des Groß-Events im Jahr 2012, mit dem das IOC Sport unter Jugendlichen populärer machen will.

WIEN/INNSBRUCK. Es soll der Auftakt zu etwas ganz Großem werden, zu einem Völker verbindenden Event, der so ganz nebenbei die Jugend für Sport begeistern soll. Morgen, am 12. 12., um zwölf Uhr gibt das Internationale Olympische Comité bekannt, wo 2012 die ersten Winter-Weltjugendspiele stattfinden werden. Mittels Briefwahl stimmen die IOC-Mitglieder ab, IOC-Präsident Jaques Rogge wird Freitag das Ergebnis verkünden: Neben dem finnischen Bewerber Kuopio hofft Innsbruck auf den Zuschlag.

Seit Februar laufen in Tirol die Vorbereitungen für die Spiele, die rund 15 Millionen Euro kosten sollen. Bei der Wahl will man vor allem mit den Erfahrungen aus den Olympischen Winterspielen 1964 und 1976 und aus der Winter-Universiade im Jahr 2005 punkten. Zudem damit, dass alle Sportstätten schon jetzt einsatzbereit sind. Allein an Unterkünften für die rund 1000 Athleten und etwa 500Betreuer fehlt es noch. Diese sollen an der Sill errichtet werden und nach dem Event in Wohnungen umgewandelt werden.

Sorgenkind „Sport-Hopping“

Schon 2010 wird die olympische Bewegung erstmals im Jungbrunnen baden. In Singapur werden die Sommer-Weltjugendspiele für 14- bis 18-jährige Athleten ausgetragen. Die Idee dazu stammt von IOC-Präsident Jaques Rogge, der diese im Vorjahr auch durchsetzte. Er hatte nach einem Rezept gesucht, das schwindende Interesse am olympischen Sport vor allem unter Jugendlichen zu begrenzen. „Sport-Hopping“ heißt das Phänomen, das Rogge Sorgen macht: Jugendliche interessieren sich dort für Sport, wo eher Spaß denn Perfektion im Mittelpunkt steht und das „Dabeisein“ tatsächlich noch alles ist. „Sport, für den man jahrelang beinhart trainieren muss, um dann bei Olympia vielleicht als 27. ins Ziel zu laufen, kann da nicht mithalten“, sagt Michael Kolb, Professor für Sportpädagogik an der Universität Wien.

Rogges Vorstoß aber war vor allem in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen. Reiner Brechtken, Präsident des Deutschen Turnerbundes, meinte, damit würde bloß ein verfrühtes Hochleistungstraining in ganz jungen Jahren provoziert. Der Sportsoziologe Helmut Digel kritisierte, dass Erziehung zu Fairness und Verzicht auf Gewalt und Doping, eben jenen von Rogge formulierten Zielen, nicht bei großen Events stattfinde. Im „Tagesspiegel“ nannte er noch einen Kritikpunkt. „Die Leute, die diese Spiele planen, sind von der Lebenswelt der Jugendlichen weit entfernt.“

Um dem zu begegnen und die Spiele jugendkompatibel zu machen, wurde die 31-jährige Ski-Cross-Weltmeisterin Karin Huttary in die Tiroler Planungen eingebunden, die eine eher jüngere Sichtweise einbrachte. Innsbruck will die jungen Athleten in die Medienberichterstattung einbeziehen und sie zur Teilnahme an Antidoping-Workshops begeistern.

Die Kritik aus Deutschland teilen Sportwissenschaftler der Universität Wien nicht. „Jugendliche zum Sport zu bringen, ist immer grundsätzlich positiv“, sagt etwa Sportsoziologe-Professor Otmar Weiß. Entscheidend sei vielmehr eine umfassende Vorbereitung auf einen Wettkampf: „Einen 14-Jährigen muss ich intensiv begleiten.“ Dem pflichtet sein Kollege Michael Kolb bei: „Es ist für einen Jugendlichen nicht leicht, die Emotionen, die ein derart großer Bewerb bedeutet, zu verarbeiten.“ Das Alterslimit von 14 Jahren sei okay, für unter Zehnjährige seien Großwettkämpfe aber bedenklich.

Frühe Spezialisierung

Kolb hält die Idee der Weltjugendspiele für grundsätzlich gut, er warnt aber vor einer problematischen Entwicklung: Erfolgreiche Hobby- wie Spitzensportler profitieren in aller Regel von einer möglichst langen und breiten Sportausbildung. Wettkämpfe im Jugendalter aber würden schon in sehr frühen Jahren eine Spezialisierung auf eine Disziplin erfordern, um Spitzenplätze zu ermögliche. Zudem wisse er aus Gesprächen mit Trainern, dass zusätzliche Großereignisse primär zusätzliche Belastungen – im Training wie im Wettkampf – und nicht unbedingt Spaß bedeuten.

AUF EINEN BLICK

Die Idee, Weltjugendspiele zu veranstalten, präsentierte IOC-Präsident Jaques Rogge im Vorjahr. 2010 werden die ersten Sommerspiele in Singapur ausgetragen. Erwartet werden dort rund 3500 Athleten.

Innsbruck ist Kandidat für die Winterspiele 2012. Freitag fällt die Entscheidung, ob die Tiroler Landeshauptstadt oder Kuopio in Finnland den Zuschlag erhält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2008)

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