Albrecht gestürzt: Jeder Fehler birgt Lebensgefahr

Sturz Albrechts
Sturz Albrechts(c) APA (Robert Jaeger)
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Daniel Albrecht hob beim Zielsprung mit knapp 140 km/h ab und schlug nach gut 60 Metern mit dem Rücken auf dem Boden auf. Der 25-Jährige Schweizer liegt in künstlichem Tiefschlaf.

KITZBÜHEL (ag./mhk). Die Bilder ließen den Atem stocken: Daniel Albrecht hob beim Zielsprung mit knapp 140 km/h ab, geriet in Rücklage, wurde mit den Beinen voran durchgestreckt und schlug nach gut 60 Metern mit dem Rücken auf dem Boden auf, überschlug sich und landete – bereits bewusstlos – auf Bauch und Gesicht. 22 Minuten später hob der Helikopter mit dem Schweizer als Außenlast Richtung Krankenhaus St. Johann in Tirol ab, wo bei dem 25-Jährigen eine Gehirnblutung und eine Lungenquetschung diagnostiziert wurden. Er sei im Spital kurz aufgewacht, danach in künstlichen Tiefschlaf versetzt worden. Für weitere Untersuchungen wurde er in die Uniklinik Innsbruck überstellt. Sein Zustand sei „stabil“ teilten die Ärzte mit. Er sei nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr und soll im Laufe des Freitags aus dem Koma geholt werden.

Der Schweizer Teamarzt Jacques Menetreyteilte am Freitag mit, dass Albrecht eine ruhige Nacht verbracht habe, sein Zustand sei stabil. "Die Parameter sind stabil, das ist das Beste, das wir im Moment erwarten können", erläuterte Menetrey. Albrecht habe ein Schädel-Hirntrauma sowie eine Lungenquetschung erlitten.

„Wer hier einen Fehler macht, muss mit ernsthaften Konsequenzen für Leib und Leben rechnen.“ Der Satz wird Franz Klammer zugeschrieben, der das Hahnenkammrennen viermal gewonnen, den die Streif aber auch mehrmals arg gebeutelt hat. Die lange Liste an Sturzopfern der wohl schwierigsten Abfahrt im Weltcup gibt ihm recht. Daniel Albrecht, einer der besten Skifahrer der Schweiz (Kombinationsweltmeister 2007, vierfacher Sieger in Weltcuprennen), ist nur einer von ihnen.

Hujara: „Der Sprung passt.“

Dass wiederum der Zielsprung Auslöser eines schweren Unfalls war, heizte erneut jene Diskussionen an, die der Unfall des US-Amerikaners Scott Macartney im Vorjahr entfacht hatte. Im Wettrüsten mit anderen Abfahrtsklassikern wie Bormio oder Wengen habe man die ohnehin schon schwierige Streif damals viel zu „giftig“ präpariert, hatten im Vorjahr nicht nur Macartneys Landsmann Bode Miller, sondern auch der Streifsieger 2001, Hermann Maier, beklagt.

Heuer hatte Rennleiter Peter Obernauer („30 Jahre bin ich dabei, so gut war die Streif noch nie.“) deshalb die Absprungkante des letzten Sprungs entschärft und deutlich kennzeichnen lassen: mit gesprayten Linien und Richtungstoren. An Macartneys Unfall treffe den Veranstalter keine Schuld betonte Obernauer, aber nun sei „alles so, wie es Trainer und Läufer wünschen. Die Läufer sehen exakt, wo sie abheben.“ Und FIS-Renndirektor Günter Hujara ergänzte: „Der Sprung passt. Es hat einen Fahrfehler gegeben. Und die Abfahrt ist eben ein Risikosport.“

Neue Sicherheitsdiskussion

Albrechts Sturz, wird – ähnlich dem fatalen Skiunfall des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus am Neujahrstag – mit Sicherheit neuerlich eine Diskussion um die Sicherheit der (professionellen) Alpinsportler auslösen. Diese sind seit Jahren mit Helm, Handschuhen, Rückenprotektoren, Knie- und Ellbogenschützern unterwegs. Vor der aktuellen Saison hatte die FIS die Regularien diesbezüglich nochmals verbessert. Nun dürfen die Rennläufer sämtliche Körperteile schützen, soferne das keine aerodynamischen Vorteile bringt. Bei Macartneys Sturz war der Helm noch geborsten, Materialverbesserungen in dem Bereich bewahrten Albrecht möglicherweise vor noch schwereren Verletzungen. Skifahren bleibt dennoch ein Risikosport: „Wir können den Berg nicht in Watte packen“, hatte Hujara anfangs der Saison gemeint.

Dass der US-Amerikaner Bode Miller vor dem Schweizer Didier Cuche (+0,26 Sekunden) das Abschlusstraining dominierte, geriet angesichts des Sturzes von Daniel Albrecht zur Nebensache. Ebenso die erstaunliche Leistung von Klaus Kröll (+1,64 Sekunden) als Drittem, der mit geschienter, weil gebrochener Hand gefahren war.

Heute findet in Kitzbühel um 11.30 Uhr der Super-G statt, die Abfahrt ist für Samstag, 11.30 Uhr, geplant (jeweils live ORF1).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2009)

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