Stimmt Tirol am Sonntag für die Bewerbung 2026, startet beim ÖOC eine Kampagne, die sehr gute Chancen hätte, vom IOC den Zuschlag zu erhalten. Die Stimmung ist aber sehr gespalten.
Innsbruck/Wien. Es herrscht Unentschlossenheit in Tirol. Nebst der Diskussion um die Nationalratswahl sind alle Bürger am Sonntag auch dazu aufgerufen, abzustimmen, ob sich das Bundesland und die Stadt Innsbruck für die Winterspiele 2026 bewerben sollen. Die Lager sind schwer gespalten. Euphorie und Erwartung einer historischen Chancen stehen Befürchtungen über Kostenexplosionen, Sicherheitsaspekten und Umweltsünden gegenüber.
Schon die Frage zur Volksbefragung löste Unmut aus: „Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Olympische Spiele 2026 legen?“ Es wird ein enges Spiel um die Winterspiele, Gegner wie die Liste Fritz riefen Freitag sogar noch den VfGH an und legten Beschwerde gegen die Volksbefragung ein.
Zehn Jahre nach dem krachenden Scheitern der Salzburger in der Bewerbung für 2014 würde das ÖOC wieder in den Ring steigen, um ein Großevent zu veranstalten. Präsident Karl Stoss glaubt an ein Ja-Votum der Tiroler und die berechtigte Chance, das Großereignis bei der IOC-Abstimmung 2019 tatsächlich nach Innsbruck holen zu können.
Idyll: Zurück zu den Wurzeln
Gegner scheinen Sion, Stockholm, Calgary oder Sapporo. Bleiben nur zwei starke Bewegungen übrig, ist klar, dass nach den Sommer- auch die Winterspiele im Doppel für 2026 und 2030 vergeben werden – „Die Presse“ berichtete. „Die Chance wäre so einmalig und so groß wie schon lange nicht mehr“, sagt Stoss. Schließlich hat Europa nach den Winterspielen 2010 in Vancouver, 2014 in Sotschi, 2018 in Südkorea und 2022 in Peking ausgezeichnete Karten. Auch Aussagen von IOC-Chef Thomas Bach bestärken Stoss. „Es ist an der Zeit, dass die Spiele an einen traditionellen Wintersportort zurückkehren“, hatte Bach versprochen.
Dennoch, trotz dieser Vision bleiben viele Hürden, die nicht ohne Diskussionen auszuräumen sind. Das Durchführungsbudget beläuft sich auf 1,157 Milliarden Euro, der Bund übernimmt die anfallenden Kosten für Sicherheit (500 Mio. Euro). Unklar ist die Hotelsituation, offen sind weitere Bauten bei Sporthallen – Eisschnelllauf findet in Inzell statt, Eishockey auch in Bozen und Salzburg. Auch haben Kritiker Bedenken, mit einem Konzern wie dem IOC Geschäfte zu machen. Großereignisse muten längst wie Franchise-Deals an, hochpreisig, mit eigenen Steuerregeln und Sponsorverträgen. Dazu kommen Korruption, Schmiergeldaffären wie zuletzt in Rio de Janeiro, die das IOC in ein schiefes Licht rückten.
Stoss bleibt gelassen, man habe alles mehrfach abgewogen, lehne Risken dezidiert ab, dieses Projekt müsse lupenrein sein. Es müsse „Sinn machen. Wir sind ja nicht blind. Und, ich spüre vom IOC aufgrund der bisherigen Gespräche den Wunsch, vom Gigantismus, wie wir es in Sotschi hatten, in Pyeongchang und Peking, wegzukommen. Der Wunsch, die Spiele überschaubarer, maßvoller zu gestalten, ist ganz, ganz groß. Deshalb steuert das IOC 787,5 Millionen Euro an Unterstützung bei“.
Frage der Wahlbeteiligung
Die Unterstützung von Bund, Land und Stadt lobte Stoss. Die Stimmung in Tirol sei dennoch durchmischt. In Gemeinden spüre er „starke Unterstützung“, schwieriger sei es jedoch, wenn er nach Innsbruck schaue. Just im Austragungsort hält sich die Begeisterung in Grenzen – viel wird auch von der Wahlbeteiligung abhängen. Stoss: „Noch einmal: Für Österreich und seinen Sport wäre es eine fantastische Angelegenheit.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)