Super Bowl: Ein Showdown der Gegensätze

Trainer-Jungspund: Sean McVay ist der jüngste Headcoach in einem NFL-Finale.
Trainer-Jungspund: Sean McVay ist der jüngste Headcoach in einem NFL-Finale.(c) Reuters
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Die Los Angeles Rams bilden den Gegenpol zu den altehrwürdigen New England Patriots. Einzig ihr Besitzer passt nicht so recht in das Bild der Newcomer-Truppe aus Kalifornien.

Atlanta/Wien. Trainerlegende Bill Belichick haftet das Image eines mürrischen Grantlers an. Doch angesprochen auf sein Gegenüber beim anstehenden Super Bowl (Montag 0.30 Uhr, Puls4, DAZN) fand der sonst wortkarge Erfolgscoach der New England Patriots überaus lobende Worte. „Ich habe jede Menge Respekt vor Sean McVay. Er hat einen großartigen Job in den vergangenen zwei Jahren gemacht.“ Tatsächlich unterhält der 66-jährige Belichick, als fünffacher Super-Bowl-Sieger erfolgreichster Trainer der NFL-Geschichte, eine Art professionelle Freundschaft mit dem erst 33-jährigen Headcoach der Los Angeles Rams. Seit einem ersten Treffen schreibt er McVay regelmäßig Textnachrichten.

Schon die beiden Trainer geben die Dramaturgie dieses 53. Super Bowl als Duell der Gegensätze vor. Die altehrwürdigen New England Patriots gelten als ein höchst hierarchisches Franchise mit Belichick an der Spitze. An seiner Seite: der unantastbare Quarterback-Altstar Tom Brady, 41. Die Rams hingegen schockten im Jänner 2017 die Footballwelt, als sie den damals 30-jährigen McVay als jüngsten Trainer der Super-Bowl-Ära (ab 1967) verpflichteten.

Ein Wagnis, das sich auszahlte. Bereits in seiner zweiten NFL-Saison führte der Trainer-Jungspund die Kalifornier ins Finale, unter McVay blühte auch der 24-jährige kalifornische Quarterback Jared Goff auf. Nach Aussagen seiner Spieler verkörpert McVay einen ganz anderen Ansatz als Belichick bei den Patriots. „Er ist ein Trainer der Spieler. Er ist ein großartiger Typ. Du kannst mit ihm reden, du kannst ihn verstehen“, schwärmt etwa Rams-Runningback Todd Gurley. „Er tut alles für uns, für das Team. Du liebst es einfach, für so einen Typen zu spielen.“

McVay, ein früherer Wide Receiver, stammt aus einer Sportlerfamilie, schon Großvater John gewann in einer Managementposition bei den San Francisco 49ers fünfmal den Super Bowl. Er beeindruckt mit seinem Gedächtnis, kann nach Jahren noch genaue Spielzüge früherer Partien aufzählen. Am Spielfeldrand agiert er oft wie in Trance, Assistenzcoach Ted Rath hat dann die kuriose Aufgabe, seinem Cheftrainer hinterherzulaufen und zu verhindern, dass dieser in einen Schiedsrichter kracht oder das Feld betritt und so eine Strafe kassiert. Längst ist dieses Schauspiel ein Internethit.

In Atlanta heißt es nun also Alt gegen Jung, Belichick gegen McVay, Brady gegen Goff, Seriensieger gegen Newcomer. Hier die Patriots, das erklärte Lieblingsteam von US-Präsident Donald Trump (wie gut es noch um die Freundschaft zwischen Trump und Brady steht, weiß derzeit aber niemand so genau), dort der Herausforderer aus Kalifornien, der auch zwei männliche Cheerleader beschäftigt, die mit ihrem Auftritt am Sonntag für eine Super-Bowl-Premiere sorgen werden.

Held oder Geschäftsmann?

Im Geschäftemachen aber gehören die L.A. Rams ganz zur alten Schule. Teambesitzer ist der 71-jährige US-Milliardär Stan Kroenke, Ehemann einer Walmart-Erbin und einer der mächtigsten Männer der Sportwelt. Ein kleiner Auszug aus seinem Portfolio: Arsenal London (Fußball, Premier League), Colorado Avalanche (Eishockey, NHL), Denver Nuggets (Basketball, NBA).

Die Rams hatte er 1995 kurzerhand nach St. Louis, Missouri übersiedelt, 2016 holt er sie wieder nach Los Angeles zurück. Vermarktet wurde die Rückkehr als Heimkehr des verlorenen Sohnes, für die Footballfans in Los Angeles – die Los Angeles Chargers fristen als zweite NFL-Franchise im Vergleich zu den Rams ein Nischendasein – wurde Kroenke zum Helden. Entscheidend waren freilich Geschäftsinteressen, allein durch den Standort Los Angeles hat sich der Wert der Rams auf über 2,5 Milliarden Dollar verdoppelt.

In Los Angeles baut Kroenke auch ein neue Heimstätte für sein Flaggschiff. Das Stadium at Hollywood Park soll zur Saison 2020 fertig sein, 2028 sollen hier auch Bewerbe der Olympischen Spiele stattfinden. Der Gesamtkomplex ist doppelt so groß wie Vatikanstadt und dürfte rund fünf Milliarden Dollar kosten. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2019)

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