Olympisches Komitee: Ein Konto für den Diktator

Olympisches Komitee Konto fuer
Olympisches Komitee Konto fuer(c) EPA (Hendrik Schmidt)
  • Drucken

Wurde über das geheime Konto des Österreichischen Olympischen Komitees ein Luxusurlaub des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko bezahlt? Olympia-Stratege Erwin Roth recherchierte.

Als Sportjournalist und Olympia-Stratege Erwin Roth vor rund zehn Tagen im Wochenmagazin „Format“ den Prüfbericht über das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) gelesen hat, habe er lachen müssen, sagt er. Die Gutachter Franz Marhold und Kollegen waren, so stand es in dem Bericht, zu dem Schluss gekommen, dass Ex-ÖOC-Präsident Leo Wallner nichts von Schwarzgeldkonten im ÖOC gewusst haben konnte. Roth begab sich auf die Suche; er stieß auf eine APA-Meldung vom März 2002, in der von einem Besuch des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko in Tirol berichtet wurde. Auf Einladung von Leo Wallner, in Personalunion Generaldirektor der Casinos Austria und ÖOC-Präsident. Eine Woche später stellte er der „Presse am Sonntag“ seine Recherchen exklusiv zur Verfügung.

Roth schlägt einen roten Aktenordner auf. Die Belege erzählen die Geschichte von Lukaschenkos Luxusreise und des ominösen ÖOC-Geheimkontos, das 2001 auf Initiative von Leo Wallner bei der Raiffeisen Bank eröffnet wurde. Am 3.März 2002 flog der Präsident mit Gattin, Söhnen und Hofstaat für 14 Tage nach Tirol. Um rund 200.000 Euro.

In der Nähe des Casinos residierte der Tross in zwei schönen Hotels. In einem Benefiz-Eishockeyturnier für die Opfer von Tschernobyl schoss Lukaschenko drei Tore. Und DJ Ötzi trällerte dazu. Um rund 47.000 Euro.

In Roths Ordner finden sich Hotel-, Skiverleih- und Skihüttenrechnungen. Zum Beispiel: Rosskopfhütte, 16. März 2002, 15.28 Uhr, 1006,40 Euro, dabei 70x Spirituosen; handschriftlich abgezeichnet unter „Casino Austria, ÖOC“.

Roths Konvolut legt den Schluss nahe, dass das ÖOC-Geheimkonto in der oft beschriebenen Weise für die Bezahlung einschlägiger Rechnungen benutzt wurde: Die Leistungsträger (Hotels, Busunternehmen, Fluglinien) schickten eine Rechnung in der Regel an den damaligen Casinos-Austria-Direktor Gerhard Skoff, Wallners rechte Hand. Skoff paraphierte die Rechnung und sandte sie mit der Bitte um Bezahlung weiter an das ÖOC. Dort hob Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth Geld vom Geheimkonto ab und beglich die Forderungen in bar.


Im Interesse der Wirtschaft. Was hatte das ÖOC davon, Lukaschenko einzuladen? „Gar nichts“, glaubt Roth. Das Konto diente bloß dazu, den Casinos aus einem Dilemma zu helfen. Denn in der EU waren Amtsträgern offizielle Kontakte mit dem Diktator Lukaschenko untersagt. Wallner lud eben den Präsidenten des Weißrussischen Olympischen Komitees ein: Lukaschenko. Die Ostexpansion musste weitergehen. Von der „Presse am Sonntag“ dazu befragt, meinte Wallner: „Wir handelten im Interesse der Wirtschaft Österreichs.“ Auch andere heimische Firmen seien an Geschäften mit dem Zehn-Millionen-Land interessiert gewesen.

Das ÖOC hatte mit der Vorbereitung der Reise nie etwas zu tun. Irgendjemand muss das Konto gespeist haben. Roth mutmaßt, dass das Geld von den Casinos Austria stammt. Offiziell Sponsorgeld für das ÖOC, inoffiziell Reisekasse für den Diktator? Heinz Jungwirth bestätigt diese These im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Skoff räumte ein, die Reise des Diktators zum Vorteil der Casinos und anderer Betriebe organisiert zu haben. „Aber das wurde nicht übers ÖOC bezahlt, sondern von interessierten Wirtschaftspartnern.“ Wer das war? Wallner: „Das wollen wir nicht in der Öffentlichkeit abhandeln.“

Die Casinos Austria haben nie ein Casino in Weißrussland eröffnet. Erwin Roth wird die Unterlagen der Staatsanwaltschaft übermitteln. Es könnte Geld veruntreut worden sein, meint er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.