Basketballstar als türkischer Staatsfeind

NBA-Spiele von Enes Kanter werden nicht im TV gezeigt.

Ankara. Seit über einem Jahr sind in der Türkei keine Spiele der National Basketball Association (NBA) zu sehen, in denen Enes Kanter dabei ist. Dieser Boykott sorgt nun für ein Novum, denn erstmals wird die „best of seven“-Finalserie der Western Conference nicht vom türkischen Fernsehen übertragen. In dieser treffen die Golden State Warriors auf die Portland Trail Blazers mit Kanter, der Unterstützer des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen ist.

Ankara macht Gülen für für den gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich, er zählt seit Jahren zu den größten Kritikern des islamisch-konservativen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, dessen Unterstützer er früher war.

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Basketball ist nach Fußball die beliebteste Sportart unter den 82 Millionen Einwohnern der Türkei, die bereits Vizeweltmeister (2010) und Vizeeuropameister (2001) war. Kanter, der 2,11 Meter große Center, ist seit 2017 und der Aberkennung seiner Staatsangehörigkeit staatenlos und vermeidet alle Auslandsreisen außer jene nach Kanada für NBA-Spiele gegen die Toronto Raptors. „Sie (die türkischen Toppolitiker, Anm.)haben dort jede Menge Spione. Ich kann da ganz leicht umgebracht werden. Das ist eine sehr hässliche Situation. Es besteht die Möglichkeit, dass ich getötet werde“, hatte Kanter Anfang Jänner zu Protokoll gegeben und Erdoğan als „verdammten Irren“ sowie „Diktator“ bezeichnet.

Damals war der 26-Jährige noch bei den New York Knicks unter Vertrag, die heuer am 17. Jänner ein Saisonspiel in London gegen die Washington Wizards bestritten. Kanter verzichtete aus Angst um sein Leben auf die Reise. Wegen seiner Verbindung zu Gülen darf Kanters Familie auch aus der Türkei nicht ausreisen. Der NBA-Profi gilt als Staatsfeind, da die Gülen-Bewegung als Terrororganisation eingestuft wird. (age)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2019)

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