Schwimmstar Jukić jagt Dopingjäger

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Der Europameister schwimmt einmal mehr gegen den Strom: Weil sich Dinko Jukić von einem Kontrollor ungerecht behandelt fühlt, reicht er nun Schadenersatzklage ein.

Wien. Dinko Jukić hatte lange geschwiegen. Seit vergangenen Mai: Er wollte das Dopingverfahren gegen ihn nicht kommentieren. Auch im Oktober hielt er sich mit Aussagen zurück, als die Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur Nada das Urteil verkündete: Jukić habe gegen zwei Antidoping-Bestimmungen verstoßen, es könne dennoch keine Sperre verhängt werden.

Mittwoch, eineinhalb Wochen nachdem ihm die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses zugegangen war, wollte er seine Sicht der Dinge darlegen. Er sei, sagte Jukić, wegen „Äpfeln angeklagt, aber wegen Birnen verurteilt worden“, das gesamte Verfahren „eine Farce“ gewesen. Den Inhalt der Nada-Entscheidung verstehe er nicht: Wie könne es sein, dass ihm zwei Vergehen zur Last gelegt würden, er aber unschuldig sei. Jukić wurde vorgeworfen, er sei zu dem von ihm genannten Zeitraum nicht für eine Kontrolle zur Verfügung gestanden und er habe ohne zwingenden Grund nicht an der Dopingkontrolle mitgewirkt. Nach seinem Rechtsverständnis sei man entweder unschuldig oder schuldig: „Man kann ja auch nicht ein bisschen schwanger sein.“

Angst vor Sperre: Keine Berufung

Dennoch werde er gegen den Beschluss nicht berufen. Schließlich will er bei den Olympischen Spielen in London im August antreten: Die zweite Instanz, die Schiedskommission der Nada, könnte ja auch zu einem anderen Schluss kommen und ihn sperren.

Jukić kündigte aber eine Klage auf Schadenersatz gegen den Kontrollor an, der seiner Meinung nach die Causa bei der Kontrolle im Wiener Stadionbad am 24. Mai 2011 verursacht habe. Dabei waren sich der Sportler und Kontrollor uneinig über den Zeitpunkt von Blut- und Urintest: Jukić wollte zunächst eine Schwimmeinheit absolvieren und erst dann die Harnprobe abgeben. Den Bluttest verweigerte er wegen angeblicher Hygienemängel im Bad. Die Kontrollore erlaubten zunächst die Trainingseinheit im Wasser, ahndeten das Verhalten aber später als mangelnde Kooperation und zeigten Jukić an. Ein Nada-Mitarbeiter, der den Kontrolloren zu Hilfe geeilt war, soll Rechtsanwalt Gernot Schaar telefonisch kontaktiert haben, der später die Rechtskommission leitete. Er sei befangen gewesen, meint Jukić nun. Zudem fehlen auf dem Dopingkontrollformular Unterschriften: Die Kontrolle ist daher formell nicht abgeschlossen.

Nada-Geschäftsführer Andreas Schwab wies die Vorwürfe zurück: Allein der Verdacht eines Verstoßes rechtfertige ein Verfahren. Und gegen die mögliche Befangenheit hätte Jukić im Verfahren einen Antrag stellen können.

Jukić will den Weg der Sportgerichtsbarkeit verlassen und den Kontrollor vor einem Zivilgericht klagen. Schließlich blieb er momentan auf den Anwaltskosten sitzen, die mehrere tausend Euro betragen sollen. Wie hoch die Verfahrenskosten sind, steht noch nicht fest. Im Schwimmverband schätzt man sie auf rund 20.000 Euro. Zudem musste er Wettkämpfe auslassen. Und Jukić soll einen Sponsorvertrag so gut wie in der Tasche gehabt haben, der platzte, als die Vorwürfe publik wurden.

Das Verhältnis zwischen Jukić und dem betreffenden Kontrollor scheint schwierig zu sein. Jukić wirft ihm vor, er begegne Sportlern wie Kriminellen, die Nada schicke Leute, die „von ihrer Sache keine Ahnung haben“. Andres Schwab sagte im „Presse“-Gespräch, der betreffende Kontrollor sei „einer unserer besten“.

Jukić' Vater und Trainer, Željko, wunderte sich bei dem Pressetermin, wie es einem Beamten möglich sei, neben seinem Job kolportierte 250 Kontrollen im Jahr durchzuführen. Und er fragte sich, ob die Einkünfte aus der Testertätigkeit auch entsprechend versteuert würden. „Viele leben da nicht für den Sport, sondern vom Sport.“

Auch Andreas Schwab wurde von Željko Jukić kritisiert: Er sieht einen Interessenkonflikt darin, dass Schwabs Sohn Matthias Golfer ist, und fragt sich auch, ob dieser genauso intensiv kontrolliert werde wie Dinko. Schwab nahm es gelassen: „Es freut mich, dass mein Sohn ein hervorragender Nachwuchsgolfer ist. In eineinhalb Jahren geht er in die USA. Dann stellt sich die Frage ohnehin nicht mehr.“

Auf einen Blick

Dinko Jukić verweigerte am 24. Mai 2011 einen Bluttest wegen angeblicher Hygienemängel. Die Nada-Kontrollore zeigten Jukić an. Das Urteil: Jukić habe gegen zwei Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen, es könne dennoch keine Sperre verhängt werden. Weil er sich von einem Nada-Kontrollor ungerecht behandelt fühlt, kündigte der OSV-Schwimmer eine Schadenersatzklage an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2012)

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