Formel 1: Toto Wolff, der Mount Everest und das Gaspedal

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Vor dem Start der neuen Formel-1-Saison sind viele Fragen offen. Regeln, Autos, die Rolle von Liberty Media, endet die Vorherrschaft der Silberpfeile? Toto Wolff gibt einen breiten Ausblick.

Nach einer ausgedehnten Eingewöhnungsphase steht die neue Formel-1-Eigentümerfirma heuer in der Pflicht. Liberty Media müsse dieses Jahr beginnen, angekündigte Vorhaben zu realisieren, sagte Toto Wolff. "Es ist eine Sache, Ideen zu haben, aber es ist die andere Sache, sie richtig umzusetzen, dass sie funktionieren", erklärte der Mercedes-Motorsportchef. Die Aufgaben sind vielfältig und zahlreich.

Bisher hat der US-Konzern vor allem Detailfragen angepackt und Maßnahmen von überschaubarem Umfang durchgebracht. So gibt es großzügigere Regeln, was Social-Media-Aktivitäten und den Zugang von Fans zu den Fahrern betrifft, gleichwohl wurden die TV-Übertragungen der Rennen durch neue Kameraperspektiven und grafische Ideen aufgepeppt. "Sie haben jetzt ein Jahr gehabt, wo sie sich das angeschaut haben, wo sie die eine oder andere Idee einmal implementiert haben", meinte Wolff.

Als große Entwürfe lassen sich die genannten Vorstöße aber nicht wirklich einordnen. Dass er von der Abschaffung der Grid Girls nicht viel hält, daraus machte Wolff kein Hehl. Für den langjährigen Szene-Insider geht es vielmehr um wirtschaftliche Kennzahlen. "Können Sie den Umsatz steigern und den Gewinn steigern? Das ist für die Teams sehr wichtig. Und können sie die Formel 1 expandieren? Können Sie neue Zielgruppen gewinnen, ohne die traditionellen Zielgruppen zu verlieren?", zählte Wolff auf.

Rückschritt in finanziellen Belangen

2017 war finanziell gesehen ein Rückschritt für die Formel-1-Gruppe. Die veröffentlichten Zahlen weisen weniger Einkünfte aus, wodurch auch weniger Geld an die Teams ausgeschüttet wurde. "Sie haben 2017 eine Phase der Investition gehabt, jetzt sollte man 2018 da schon wieder einen Schritt nach vorne sehen", gab sich Wolff aber optimistisch. Dass Liberty Media verstärkt die einzelnen Teams zur Kassa bittet, um gemeinsame PR-Events zu finanzieren, stört ihn nicht sonderlich. "Es ist gut, dass jetzt investiert wird", stellte er nüchtern fest.

Eine weitere Herausforderung, die Liberty Media bewältigen müsse, ist für den Wiener der Übergang vom rein linearen Fernsehen ins Zeitalter der multiplen Angebote auf mehreren Kanälen. "Das ist nicht trivial", betonte Wolff. Im Laufe des Jahres geht eine hauseigene Streaming-Plattform der Formel 1 an den Start, auf der die Rennen live verfolgt werden können. "Das wird interessant, wie gut das funktioniert." Auch "interessante Verträge" mit den digitalen Riesen der Sorte Amazon, Google oder Netflix würde er sich wünschen.

Wettkampf, wo ist die Performance?

Vor diesem Hintergrund "ist das Jahr 2018 sicher sehr wichtig für Liberty", fasste Wolff zusammen. Ratschläge möchte er keine geben, weil das von außen immer einfach sei. Zudem merkte er an, dass Liberty Media in vielerlei Hinsicht enge Grenzen gesetzt seien. "Ich glaube, es gibt Dinge, die sie in den nächsten Jahren nicht beeinflussen können. Dazu gehört der sportliche Wettkampf. Die Performance der verschiedenen Teams ist so, wie sie ist."

Dennoch gebe es noch genug Bereiche, wo das Unternehmen aktiv werden und seine Kompetenz produktiv ausspielen könnte. Jene Schonfrist, die im ersten Jahr noch gewährt worden ist, ist für Wolf jedenfalls vorbei. "Ich würde sagen, zwölf Monate 'Honeymoon' - das ist in Ordnung, dass man sich eingewöhnt, kennenlernt und den Sport versteht. Jetzt geht es darum, dass man es umsetzt."

Und jetzt der Mount Everest

Wolff hat das Gefühl vor dem Saisonauftakt der Formel 1 mit einer Besteigung des Mount Everest verglichen. "Wir haben es in der Vergangenheit schon erfolgreich geschafft, aber im Moment befinden wir uns zunächst nur im Basislager", sagte der Wiener vor dem ersten von 21 Rennen am 25. März mit dem Großen Preis von Australien in Melbourne.

Das deutsche Werksteam kann nach vier Fahrer- und Konstrukteurstiteln in Serie in diesem Jahr die Bestmarke von Ferrari von 2000 bis einschließlich 2004 mit Rekordchampion Michael Schumacher einstellen. In den Grand Prix im Albert Park startet Titelverteidiger Lewis Hamilton von Mercedes als Topfavorit. Er wolle "die Pole holen und überzeugend gewinnen", kündigte der 32 Jahre alte Brite an.

Hamiltons erster Herausforderer ist Sebastian Vettel im Ferrari. Der 30 Jahre alte gebürtige Heppenheimer gewann vor einem Jahr das Rennen Down Under und hofft bei seiner 200. Grand-Prix-Teilnahme auf den 48. Karrieresieg.

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