Mädchentraum im Rennauto

Rennanzug, Helm und schnelle Autos gehören im Leben der zwölfjährigen Juju Noda dazu.
Rennanzug, Helm und schnelle Autos gehören im Leben der zwölfjährigen Juju Noda dazu.(c) Noda Racing Academy
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Juju Noda träumt von einer Karriere in der Formel 1. Die zwölfjährige Japanerin kennt keine Angst vor Geschwindigkeit, fährt schon F3-Boliden – und der älteren Konkurrenz davon.

Zumeist sind es alltägliche Szenen aus dem Leben einer Zwölfjährigen, die Juju Noda auf ihrem Instagram-Account mit der Welt teilt. Bilder von Essen und Tieren – von der Hauskatze bis zur angeleinten Schildkröte – wechseln sich mit Fotos von Freundinnen, Victory-Zeichen inklusive, oder aus der Schule und dem Familienheim ab. Einblicke in eine durchschnittliche Kindheit möchte man meinen, würde sich die junge Japanerin nicht zwischendurch immer wieder im Rennanzug mit Helm und PS-starken Boliden präsentieren. Juju Noda lebt für die Geschwindigkeit und hat einen Traum: „Ich möchte Formel-1-Fahrerin werden und als Erste auch gewinnen.“

In Japan ist Noda bereits ein kleiner Star, in den vergangenen Monaten hat sie ihre Ambitionen untermauert und weltweit Aufmerksamkeit erregt. Nachdem sie im Alter von 10 bereits mit einem Formel-4-Auto den U17-Streckenrekord auf dem internationalen Kurs in Okoyama markierte hatte, tastete sie sich ab Dezember in einem Dallara F312 der F3-Klasse, seines Zeichens 220 PS stark und gut 550 kg schwer, ans Limit – das Video einer Testfahrt verbreitete sich im Internet in Windeseile. „Ich dachte, ich wäre jung gewesen, als ich mit 14 Formel 3 testete“, meinte der 35-fache GP-Teilnehmer Max Chilton, und der frühere F1-Weltmeister Jenson Button postete ein Porträt der Nachwuchspilotin auf Twitter mit dem Kommentar: „Amazing little driver“.


In Papas Fußstapfen. Die Leidenschaft für Motorsport wurde Noda in die Wiege gelegt. Vater Hideki absolvierte 1994 drei F1-Rennen für Larousse, danach fuhr er in der Indycar-Serie und in Le Mans. Als er 2010 seine Karriere beendete, saß Juju schon im eigenen Kart und hatte sich zum Ziel gesetzt, in ihres Vaters Fußspuren zu treten. „Ich habe das Rennfahren bei ihm gesehen und fand es cool“, erzählt sie in einem YouTube-Video. Bald wurde der Platz vor dem elterlichen Haus in Okoyama, rund 650 km westlich von Tokio, zu klein. Mit vier Jahren bestritt Juju Noda ihr erstes Rennen – und gewann. Seither sammelt sie Pokale im ganzen Land, die Siegerfotos zeigen sie stets inmitten deutlich älterer Konkurrenten.

Ex-Rennfahrer Hideki Noda leitet die Noda Race Academy und ist für seine Tochter Coach, Manager und Karriereplaner in Personalunion. Seit sie 10 ist, hat Juju einen Sponsor, inzwischen eine eigene Homepage, auf der es den ersten Fanartikel zu kaufen gibt: ein Badetuch mit vielen pinken Elementen. Sein Engagement möchte Hideki Noda jedoch nicht als falschen Ehrgeiz verstanden wissen. „Ich unterstütze Juju, soweit ich kann. Wenn sie morgen aufhören will, dann war es das. Ich möchte nur, dass sie mit dem Glauben aufwächst, sich ihre Träume erfüllen zu können“, betont der 49-Jährige.

Für Tochter Juju ist das Ziel die Formel 1. „Ich mag das Gefühl von Geschwindigkeit, ich hatte nie Angst“, berichtet sie. Nur einmal, nach einem Dreher in einem F4-Wagen, hätten sie Zweifel überkommen. „Mein Vater hat mir gesagt: ,Als Rennfahrer darfst du keine Angst haben. Wenn du zurück auf die Strecke gehen willst, musst du die Angst überwinden‘“, erinnert sich die Zwölfjährige – und an ihren Entschluss: „Ich wollte nicht aufgeben.“


Kühler Kopf, hartes Business. Die Karriere im Motorsport scheint vorgezeichnet, denn für den Vater ist Juju Noda ein Naturtalent. „Sie fühlt sich auf der Strecke zuhause, das ist ihre größte Stärke. Sie behält in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf, macht wenig Fehler und kann die Bedingungen sehr gut einschätzen“, lobt Hideki Noda. Allerdings weiß auch er nur zu gut, dass die Formel 1 ein knallhartes Business ist, in dem neben Können und sehr viel Geld auch Machtverhältnisse und Vorurteile mitspielen. Seit der ersten WM 1950 gingen mit Maria Teresa de Filippis (ITA/5 Rennen), Lella Lombardi (ITA/17), Divina Galica (RSA/3), Desiré Wilson (GBR/1) und zuletzt 1992 Giovanna Amati (ITA/3) erst fünf Frauen an den Start. „Es wäre schön, wenn es wieder eine Frau in der Formel 1 geben würde, das könnte viel bewirken“, ist Hideki Noda überzeugt.

Bis in die Königsklasse ist es für Juju Noda noch ein weiter Weg. Zunächst gilt es für die Schülerin erst einmal Muskeln aufzubauen, um den Kräften im Formel-4-Boliden standzuhalten. Bis zu 4 g wirken auf den kindlichen Körper ein, Kritiker bemängeln ihre vermeintlich instabile Kopfhaltung in Videos. Noda selbst behauptet, keinerlei Beschwerden zu verspüren. „Nicht während des Rennens, vielleicht habe ich am nächsten Tag einen Muskelkater“, meint sie. Auf das Mindestalter für die Formel 3, die gemeinhin als Sprungbrett für große Karrieren gilt, fehlen ihr noch vier Jahre, die Superlizenz für die Formel 1 gibt es seit 2016 erst ab 18. Juju Noda muss sich also in Geduld üben, den vielen noch zu erwartenden Hürden blickt sie gelassen entgegen. Ihr Motto: „Gib niemals auf, egal wie oft du verlierst.“

Steckbrief

Juju Noda
wurde am 2. Februar 2006 geboren. Sie lebt mit ihren Eltern, Vater Hideki Noda war F1-Fahrer, zwei Geschwistern sowie drei Hasen, acht Vögeln, zwei Hunden, acht Katzen und einem Hamster in Okoyama.

Hinterm Steuer
Im Alter von drei Jahren saß sie erstmals in einem Kart. Mit zehn steuerte sie ein Formel-4-Auto, seit vergangenem Jahr wagt sie sich an die 220-PS-starke Formel-3-Klasse heran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2018)

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