Wie Liverpool Ferrari inspiriert

Sebastian Vettel hofft in Barcelona auf eine Trendumkehr. In der WM liegt der Deutsche 35 Punkte hinter Leader Bottas.
Sebastian Vettel hofft in Barcelona auf eine Trendumkehr. In der WM liegt der Deutsche 35 Punkte hinter Leader Bottas.APA/AFP/LLUIS GENE
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Der Rückstand von Sebastian Vettel in der WM ist ernüchternd, Mercedes gab bislang das Tempo vor. In Barcelona soll der Turnaround gelingen. „Wir müssen Punkte sammeln!“

Barcelona/Wien. Erschöpft streicht sich Sebastian Vettel mit der Hand über das Gesicht, die Augen kurz geschlossen. „Halt an, wenn du müde bist“, rät eine strenge Frauenstimme – und plötzlich kann man diesen Videoclip auch als Momentaufnahme des ganzen Dilemmas des Ferrari-Piloten verstehen. Eigentlich will der Weltverband mit den Bildern für Verkehrssicherheit werben, doch in Vettels Miene scheint sich bei seinem Kurzauftritt auch die erneute Notlage der Scuderia vor dem fünften Formel-1-Saisonrennen in Barcelona (15.10 Uhr, live in ORF1, Sky, RTL) zu spiegeln.

Viel schlechter hätte sein fünftes Ferrari-Jahr, das endlich eine Krönung erfahren sollte, kaum beginnen können. Vier Doppelerfolge des Mercedes-Duos Valtteri Bottas und Lewis Hamilton haben Vettels WM-Hoffnungen ziemlich demoliert. Schon wieder muss der 31-Jährige Nehmerqualitäten beweisen, Kraft für einen Konter finden. Das zehrt an ihm, man hört und sieht das ganz deutlich. „Wenn wir die Wahl hätten, würden wir nicht auf ein Comeback angewiesen sein wollen. Aber so ist es nun mal“, sagt Vettel.

Aber einfach anhalten, müde von den vielen Niederlagen mit Ferrari – das ist für Vettel keine Option. „Wir sind trotz allem optimistisch, dass wir zu alter Stärke zurückfinden“, sagt der Heppenheimer. Mit einer neuen Motorenausbaustufe und weiteren Neuerungen, die in großer Eile von Ferrari entwickelt wurden, will das Team den Umschwung erzwingen. Im Auftakttraining am Freitag ist aber erneut der Finne Bottas schneller als Vettel. Auf ein Nachlassen von Mercedes darf Ferrari also nicht hoffen. „In unserer Position gibt es keinen Raum für Selbstgefälligkeit, denn wir wissen, dass sie das wahre Kräfteverhältnis aus dem bisherigen Saisonverlauf nicht korrekt widerspiegelt“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Den großen Vorsprung in der Gesamtwertung bezeichnet der Österreicher als „für uns viel zu schmeichelhaft“.

„Wir liegen 0:4 hinten“

Noch bei den Wintertests in Barcelona war Mercedes scheinbar im Hintertreffen und Vettel der Schnellste gewesen, ehe der Saisonstart für ihn zur Frustserie wurde. 35 Punkte liegt der viermalige Weltmeister schon hinter Spitzenreiter Bottas, Titelverteidiger Hamilton ist ihm 34 Zähler voraus. „Wir müssen anfangen, Punkte zu sammeln, je schneller, umso besser. Je länger das so weitergeht, umso schlechter sieht es aus“, mahnt Vettel.

Als Vorbild könnte Ferrari dabei auch der Fußball dienen, meint Vettels Teamgefährte Charles Leclerc. Hätten doch die Sportwunder von Liverpool und Amsterdam bewiesen, wie vermeintlich sichere Vorsprünge noch aufgeholt wurden. „Die Champions League war da ein gutes Beispiel. Und genau so ist die Mentalität auch bei uns im Team“, betont der 21 Jahre alte Leclerc.

Auch Vettel lässt sich auf die Analogie zum Fußball ein und meint mit Blick auf die noch lange Saison: „Wir liegen 0:4 hinten, sie haben uns viermal besiegt. Aber es sind insgesamt 21 Tore zu erzielen, also sind es noch genug Tore oder Rennen.“ Seiner Frankfurter Eintracht, deren unglückliches Halbfinal-Aus in der Europa League der Hesse am Fernseher beobachtete, wird er aber kaum nacheifern wollen. Von bitterem Scheitern kurz vor dem großen Ziel hat Vettel längst genug. (DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2019)

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