Dürr erklärt Griff zu Doping mit familiärer Überforderung

Johannes Dürr
Johannes DürrAPA/ROLAND SCHLAGER
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Johannes Dürr sei am Alltag verzweifelt und habe um seine Karriere gefürchtet. Vom ÖSV hätte er sich ein Mindestmaß an Kooperation erwartet.

Der am Olympia-Schlusstag als Dopingsünder aufgeflogene Langläufer Johannes Dürr hat seine Ende Mai 2013 begonnenen Dopingfehltritte unter anderem mit familiärer Überforderung begründet. Außerdem erklärte der positiv auf EPO getestete Dürr im Interview mit der "Sportwoche", dass er die Dopingmittel von einem Mann aus Ex-Jugoslawien erhalten habe. Dieser habe auch einen Einnahmeplan mitgeliefert.

Gegenüber der APA wollte sich Dürr am Dienstag telefonisch nicht äußern. Er habe nach reiflicher Überlegung und Rücksprache mit Beratern entschieden, vorerst keine weiteren Interviews mehr zu geben.

Im Gespräch mit der Wochenzeitung bezog der Niederösterreicher detailliert Stellung. "Ich war mit meinem Leben damals überfordert. Mein kleiner Sohn hat nur geschrien, überhaupt nicht geschlafen. Ich sollte trainieren, hatte eine gute Saison hinter mir, die Erwartungshaltung war gestiegen. Aber ich wusste auch: Mit meinem bisherigen Verdienst kannst du deine Familie nie im Leben durchbringen. Ich habe also trainiert, stand aber völlig neben mir. (...). Ich hatte zunehmend Angst, dass mir die Felle davonschwimmen, die Saison den Bach runtergeht", so Dürr.

Nur Hälfte der empfohlenen Dosis genommen

Dann sei "dieses Angebot von dem Typen aus Ex-Jugoslawien" gekommen. "Er hat mir den Einnahmeplan dazugegeben, ich hab mich zusätzlich in Büchern informiert, von den empfohlenen Dosen die Hälfte weg genommen, um nur ja auf der sicheren Seite zu sein", erläuterte der Dopingsünder.

Die empfohlenen Dosen habe er aus Angst vor den Dopingkontrollen vor Olympia noch einmal reduziert. Deshalb sei er überrascht gewesen, dass er nach etlichen negativen Ergebnissen - 14 in dieser Saison - plötzlich erwischt wurde. "Absolut, ich habe Dopingkontrollen bestanden, wo ich vorher die doppelte Dosis genommen hatte. Für Olympia habe ich nochmals nach unten geschraubt, weil ich wusste, dass ich zu 100 Prozent kontrolliert werde. Ich war blöd, aber nicht so blöd."

Wie schon zuvor beteuerte Dürr, dass es das "Allerschlimmste" gewesen sei, seine Familie anzulügen und "diese Schande" über sie gebracht zu haben. "Ich hätte es meiner Frau so gern gesagt, aber ich hab es als Zeichen von Schwäche gesehen, hab es mit mir selbst ausgemacht und wollte sie nicht damit belasten."

"Bin auch nur ein Mensch"

Daneben bedauere er auch, seine Sportart "wieder in Verruf gebracht zu haben."Er habe zu EPO gegriffen, weil es die "einfachste" Methode gewesen sei. "Ich wollte dieses Gepantsche wie etwa bei Eigenblutdoping nicht, hätte aber auch keinen Zugang gehabt", sagte Dürr, der sich aber auch mit EPO wie "ein Junkie" gefühlt haben will. "Ich habe immer gewusst, dass es das absolut Falsche ist. Aber ich bin eben auch nur ein Mensch."

Dürr versprach, die bereits begonnene Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt auch mit der NADA fortzuführen. "Ich werde alles offenlegen, wie es war. Genug ist genug. Aber nicht wegen des geringeren Strafmaßes. Ich glaube, ich würde meinem Sport nichts Gutes tun, würde ich noch einmal zurückkommen." Er strebe keinen zweite Chance nach der zu erwartenden Sperre an, bekräftigte Dürr.

Vom ÖSV, der in der Person von Sportdirektor Markus Gandler mit scharfen Worte und von Präsident Peter Schröcksnadel mit Sanktionsankündigungen für die Langlaufsparte reagiert hat, hätte er sich neben der nachvollziehbaren Enttäuschung schon "ein Mindestmaß an Kooperation" gewünscht. Schließlich habe der Verband ja auch von seinen Topleistungen profitiert, glaubt Dürr. Die Leute, die ihn jetzt verdammen, sollen sich an der eigenen Nase nehmen. "Wer frei von Schuld ist, werfe den ersten Stein."

(APA)

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