Skicross: Dieses Spektakel fordert den ganzen Skifahrer

Jonas Höher, härter, schneller: Skicross verlangt Speed und Durchsetzungskraft.of France, Alex Fiva of Switzerland, Victor Oehling Norberg of Sweden and Adam Kappacher of Austria compete during the men’s freestyle ski cross in Idre Fjall, Sweden
Jonas Höher, härter, schneller: Skicross verlangt Speed und Durchsetzungskraft.of France, Alex Fiva of Switzerland, Victor Oehling Norberg of Sweden and Adam Kappacher of Austria compete during the men’s freestyle ski cross in Idre Fjall, Sweden(c) REUTERS (TT NEWS AGENCY)
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Christoph Wahrstötter fuhr einst Alpinskirennen, doch erst bei Mann-gegen-Mann-Duellen fand er seine Bestimmung.

Wer in Kitzbühel, nahe dem Hahnenkamm, geboren wird, der ist dem Skisport zwangsläufig verbunden. Es überrascht also keineswegs, dass auch Christoph Wahrstötter schon in jungen Jahren die Pisten der Gamsstadt unermüdlich beackerte. Die alpine Liebe war bald geweckt, das Talent entdeckt. 2006 und 2007 nahm Wahrstötter an insgesamt 15 FIS-Rennen teil. Die beste Platzierung: 32. Platz im RTL von Sölden.
Der große Durchbruch blieb aus, und irgendwann „hat mich das Alpinskifahren nicht mehr angetrieben. Mir hat das Feuer gefehlt.“ Seine wahre Berufung findet Wahrstötter seitdem im Skicross. „Jetzt schlägt mein Herz am Start ein bisschen schneller.“

Geld spielt keine Rolle

Wahrstötter hat seine Entscheidung, sich voll und ganz dem Skicross hinzugeben, noch keine Sekunde bereut. Natürlich haben es die Alpinen in vielen Bereichen wie etwa bei der Sponsorensuche und der Vergabe von Fördermitteln einfacher, „aber ich würde nicht mit ihnen tauschen wollen“. Reich, das liegt auf der Hand, kann man als Skicrosser nicht werden, „aber wenn du gut fährst, ist es schon okay“. Für den ersten Platz bei der Streif-Abfahrt gab es heuer 74.000 Euro, im Skicross-Weltcup ist ein Sieg mit 11.000 Euro brutto dotiert. „Das ist nicht die Welt“, weiß Wahrstötter, der bislang bestenfalls Zweiter wurde.

Dem 28-Jährigen ist es dennoch völlig fremd, Klagelieder anzustimmen. „weil ich das tue, was mir am meisten Spaß macht“. Der Verband vernachlässige seine Skicrosser nicht. „Nein, es geht uns nicht schlecht, wir fallen nicht durch den Rost.“ Trainer, Pisten, Hotels und Flüge stellt der ÖSV zur Verfügung, die Sponsorensuche für Ski und Stecken obliegt jedem Athleten selbst. „Ich kann von meinem Traumjob leben.“
Vergleiche zwischen Alpinskifahren und Skicross sind naheliegend. Es handelt sich zwar um zwei verschiedene Disziplinen, aber nicht um zwei verschiedene Welten. „Der Grundschwung ist derselbe“, erklärt Wahrstötter der „Presse“, weswegen er viel Riesentorlauf trainiert. Skicrosser allerdings sehen sich bei ihren Rennen mit anderen Aufgaben konfrontiert.

Der Start sei besonders wichtig, auch Wellen wollen möglichst geschickt überwunden, also „geschluckt“ werden, hinzu kommen Sprünge, Steilkurven und nicht zuletzt der Kampf Mann gegen Mann. „Skicross“, sagt Wahrstötter, „fordert den kompletten Skifahrer.“ Für den Zuseher ist Skicross ein Spektakel, das mitunter chaotisch und wild anmutet. „Aber es schaut oft wilder aus, als es ist“, ergänzt der Tiroler. Schließlich habe man jahrelanges Training investiert, sich an die Aufgaben herangetastet. „Stefan Kraft hat seine ersten Sprünge ja auch nicht von der 200-Meter-Schanze gemacht. Irgendwann bist du ganz gut Herr der Situation.“

Ein brisanter Vergleich

Dass der beste Alpinskifahrer der Welt, Marcel Hirscher, bei entsprechendem Training auch der beste Skicrosser der Welt wäre, bezweifelt Wahrstötter. Freilich sei ein Athlet wie Hirscher „ein gewaltiger Skifahrer. Aber wir sind die Besten in dem, was wir tun.“ In der Vergangenheit hatten sich schon einige Alpine im Skicross versucht, teils mit bescheidenem Erfolg. Der bekannteste Quereinsteiger war der US-Amerikaner Daron Rhalves, Super-G-Weltmeister 2001 und Gewinner von zwölf Weltcuprennen. „Auch er ist nicht bei uns aufgetaucht und hat alles gleich in Grund und Boden gefahren. Im Skicross herrschen schon noch eigene Gesetze.“

Gleiches gilt bekanntlich für Olympische Spiele, für das Rennen in Pyeongchang (Mittwoch, 3.30 Uhr MEZ, live ORF eins) zählt Wahrstötter nach zwei zweiten Plätzen in der laufenden Saison zum Kreis der Medaillenanwärter.

Die äußerst selektive Strecke kommt dem ÖSV-Fahrer entgegen, die enorme Leistungsdichte aber mache seriöse Prognosen praktisch unmöglich. Außerdem spielt Fortuna eine gewichtige Rolle. „Wenn dir einer blöd über den Ski fährt, und du im Schnee liegst, ist es schnell vorbei.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2018)

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