Tennis: Superstars, die kaum jemand kennt

Mate Pavić und Oliver Marach.
Mate Pavić und Oliver Marach.(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Alan Grieves)
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Der Steirer Oliver Marach bildet mit dem Kroaten Mate Pavić das erfolgreichste Doppel des Jahres. Millionenschwere Sponsordeals und weltweite Popularität sind dem Duo dennoch fremd.

London/Wien. Bob und Mike Bryan sind die bekanntesten Doppelspieler der Welt. Das liegt zum einen an ihren Erfolgen und zum anderen an ihrer besonderen Geschichte. Zwei Brüder, noch dazu eineiige Zwillinge, lassen sich eben ganz ordentlich vermarkten. Der um zwei Minuten ältere Mike ist Rechtshänder, Bob Linkshänder – auf dem Tennisplatz bilden sie die perfekte Kombination. Zusammen haben die Kalifornier alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Unglaubliche 116 Turniersiege stehen auf der Habenseite, darunter 16 Grand-Slam-Titel und 38 Erfolge bei ATP-1000-Events. Hinzu kommen vier Triumphe bei den World Tour Finals, Olympia-Gold 2012 und der Davis-Cup-Sieg 2007.

Während andere Doppelpaarungen kommen und gehen, sind die „Bryan Bros“ seit über eineinhalb Jahrzehnten eine Konstante an der Weltspitze. Obwohl Bob Bryan nach einer im Frühjahr erlittenen Hüftverletzung nur neun Turniere in diesem Jahr bestreiten konnte, hätten sich die Amerikaner als sechstbestes Team der Saison für die dieswöchigen World-Tour-Finals in London qualifiziert.

Mike Bryan suchte kurzerhand Ersatz, schloss sich mit Landsmann Jack Sock (London-Vorjahreshalbfinalist im Einzel) zusammen und gewann mit ihm Wimbledon und die US Open. Heute sind Bryan/Sock die Gegner von Oliver Marach und Mate Pavić, beide Teams konnten das Auftaktspiele in ihrer Gruppe gewinnen. Mit einem weiteren Sieg winkt der Einzug ins Halbfinale.

Zwei verschiedene Welten

Bob und Mike Bryan (40) haben zusammen jeweils rund 15 Millionen Dollar an Preisgeld verdient, keine anderen Doppelspieler konnten sich in der Geschichte des Tennissports annähernd über einen solchen Geldregen freuen. Verglichen mit den Stars der Einzelszene ist diese Summe allerdings von überschaubarem Ausmaß. Novak Djoković, der bestverdienende Profi aller Zeiten, hat allein in der laufenden Saison über elf Millionen Dollar eingespielt, das Karrierepreisgeld des 72-fachen Turniersiegers beläuft sich auf 121 Millionen Dollar.

Und: Bob und Mike Bryan sind die Ausnahme in der Doppelszene, finanziell genauso wie hinsichtlich ihrer Erfolge.

Oliver Marach ist Österreichs erfolgreichster Doppelspieler der Geschichte. Der gebürtige Grazer ist hinter Mike Bryan aktuell die Nummer zwei der Weltrangliste, gemeinsam mit dem Kroaten Pavić bildet er 2018 das beste Doppel. Marach spielt die mit Abstand stärkste Saison seiner langen Karriere, er gewann 55 Matches und vier Turniere, darunter die Australian Open. Der Lohn: 1,04 Millionen Dollar, vor Abzug der Steuern.

Marach, der mit seiner Frau und den beiden Töchtern vor einigen Jahren in Panama sesshaft geworden ist, kann „gut vom Tennis leben“. In seiner Wahlheimat investiert er in Immobilien, als Genussmensch gönnt er sich gern eine exklusivere Flasche Rotwein, am liebsten aus Kroatien. Sponsoren hat Marach, obwohl er zu den Allerbesten seiner Zunft zählt, keine. „Die einzigen, die welche haben, sind die Bryan-Brothers“, erklärt der 38-Jährige.

Kleidung und Schläger bezieht Marach von Artengo, einer Eigenmarke des französischen Sportartikeldiskonters Decathlon. Während Größen wie Djoković (Lacoste), Federer (Uniqlo) und Nadal (Nike) millionenschwere Verträge mit ihren Ausrüstern abschließen, hat Marach auf eine überschaubare Summe verzichtet und stattdessen einen besonderen Deal eingefädelt. Er kann auf Lebenszeit für sich und seine Familie gratis bei Decathlon shoppen, zudem große Mengen an kostspieligen Tennissaiten beziehen. „Das passt für mich.“

Doppelspezialisten sind verhinderte Einzelspieler. Ruhm und Reichtum sind ihnen zumeist fremd, Oliver Marach kann sich praktisch überall auf dem Globus frei bewegen. Und das Leben eines Doppelspielers hat einen weiteren Vorteil. Profis wie die Bryans können auch noch 40-jährig die Szene aufmischen. Roger Federer (37) ist im Einzel die Ausnahme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2018)

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